18. Januar 2022

Klimarat der Bürgerinnen & Bürger nahm seine Arbeit auf

Samstag in einem Wiener Hotel an der Donau: Es herrscht trotz Pandemie Hochbetrieb. Die hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie die Organisatoren des Klimarats tummeln sich im Konferenzbereich. Gleich wird der neuformierte Klimarat der Bürgerinnen und Bürger seine Arbeit beginnen – unter strengen Corona-Regeln: Mit 2G-Nachweis, gültigem PCR-Test und Maskenpflicht über die gesamte Dauer der Veranstaltung.

 

Inittiert wurde der Klimarat als Reaktion auf das Klimavolksbegehren. 100 per Zufallsprinzip ausgewählte Menschen treffen sich dabei sechs Wochenenden lang alternierend in Wien und in Salzburg, um als quasi „Mini-Österreich“ umweltpolitische Zukunftsfragen zu besprechen und Empfehlungen an die Politik abzugeben.

Zum Auftakt kamen Klimaschutzmisterin Leonore Gewessler und Bundespräsident Alexander Van der Bellen, um Begrüßungsworte an die Ratsmitglieder zu richten. Anschließend erhielten die Teilnehmenden eine Einführung in die Abläufe, danach begann der eigentliche Teil des Treffens: Klimapolitik diskutieren.

Und schon am ersten Wochenende wurden erste Beschlüsse gefasst. So wurde etwa ein „Wirkungsmanifest“ verabschiedet, worin die Eckpunkte der Arbeit des Klimarates festgehalten sind. „Wir wollen umsetzbare, wirksame, sozial gerechte inhaltliche Vorschläge an die Politik machen“, ist darin zu lesen. Die Bereitschaft für „schnelle, wirksame Klimamaßnahmen“ solle erhöht werden. Auch Aufmerksamkeit wolle man erzeugen und einen Bewusstseinswandel in der Öffentlichkeit fördern.

Außerdem vereinbarte der Klimarat Ziele, um den Erfolg des Projekts bewerten zu können. Diese lauten: Individuelle Verhaltensänderungen fördern, politische und soziale Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen erhöhen, zukünftige Einbindung von Bürgerinnen und Bürger in politische Entscheidungen durch „unser gutes Beispiel“ stärken. Auch die „konstruktive Zusammenarbeit zwischen Politik, Wirtschaft, Bevölkerung und Wissenschaft“ soll gefördert werden.

Das Gremiun ist dabei nicht auf sich alleine gestellt und bekommt bei den Beratungen Unterstützung von einem 15-köpfigen Team von Wissenschaftler:innen, von jeweils einer Sozialpartner- und Umwelt-NGO sowie einem Moderatorenteam.

Auf dem Programm standen dementsprechend am ersten Wochenende auch Referate. Klimaforscher Georg Kaser von der Uni Innsbruck verwies dabei auf die Dringlichkeit von Maßnahmen. „Wenn wir nicht sehr schnell agieren, wird das Leben auf der Erde am Ende des Jahrhunderts nichts mehr mit dem Leben zu tun haben, das wir heute kennen“, warnte er.

Alle sollen Gehör finden

Einige Effekte seien jetzt noch umkehrbar, andere nicht mehr, wie beispielsweise der Anstieg des Meeresspiegels, hielt er fest. Bei letzterem gehe es nur mehr darum, wie stark er ansteige, nicht ob. Die Umweltökonomin Birgit Bednar-Friedl wies die Teilnehmerinnen und Teilnehmer darauf hin, dass man noch die Wahl zu wirksamen Handeln habe.

Lisa Purker und Georg Tappeiner vom Moderationsteam berichteten von motivierten Ratsmitgliedern. „Wir bemühen uns in diesen Diskussionsprozessen intensiv darum, dass alle gehört und kontroversielle Meinungen ausgetauscht werden können, um möglichst breit getragene Empfehlungen der Bürgerinnen und Bürger zu erlangen.“ Beraten wird an insgesamt sechs Wochenenden. Die Ergebnisse sollen Mitte des Jahres der Bundesregierung übergeben werden.

„Ich bin sehr gespannt, wie das ausgeht. Das ist ein Experiment für Österreich“, zeigte sich Bundespräsident Van der Bellen in seiner Eröffnungsrede erwartungsfroh. Der Klimarat, so hob er hervor, würde sich einem zentralen Thema der nächsten Jahrzehnte widmen. Zwar sei man aktuell mit „Corona und seinen Mutanten“ beschäftigt: „Aber deswegen schläft die Klimakrise nicht und wir dürfen das auch nicht tun.“

Er selbst werde die ärgsten Auswirkungen wohl nicht mehr erleben, konstatierte der Bundespräsident. Wenn man über Maßnahmen nachdenke, tue man dies für „unsere Kinder, Enkel und Urenkel“. Er stellte fest, dass der Klimarat einen Querschnitt der Bevölkerung repräsentiere. „Sie sind sowas wie ein kleines Österreich.“

Die Resultate des Gremiums zu „schubladisieren“, werde nicht möglich sein, versicherte er. Denn es handle sich nicht um „irgendeine kleine Diskussionsgruppe“. „Nützen sie die Chance, ist meine Bitte. Sie nehmen an etwas neuem Teil, machen sie etwas daraus.“

„Wir müssen die Emission von Treibhausgasen reduzieren und zwar drastisch und rasch“, hielt er fest. Einfach seien die Lösungen dabei nicht. Experten hätten ihm etwa erläutert, dass das Stromnetz zusammenbrechen würde, wenn man sofort auf Elektroautos umstelle. Auch auf internationale Beispiele verwies er – etwa auf den pazifischen Inselstaat Kiribati, dem der Untergang durch steigenden Meeresspiegel drohe.

Auch Klimaschutzministerin Gewessler bedankte sich bei den Gästen im Saal für ihr Engagement. Es sei nicht selbstverständlich, in Summe sechs Wochenenden gemeinsam zu verbringen. Sie zeigte sich überzeugt, dass im Raum wohl „ganz unterschiedliche Standpunkte“ zu finden seien.

Eine Einrichtung wie den Klimarat habe es in dieser Form noch nie gegeben. „Sie werden die Art, wie wir Demokratie leben in Österreich ein Stück besser machen.“ Die Mitglieder wurden aufgerufen, Ideen zu sammeln, etwa zum Thema klimafreundliche Mobilität oder zu Energiesparkonzepten.

Die Auswirkungen des Klimawandels, so betonte die Ministerin, seien auch in Österreich spürbar. In den Städten werde es immer heißer, auch stelle sich die Frage, was die Situation für die Ernten bedeute. Auch an den großen Waldbrand im Rax-Gebiet im Herbst erinnerte sie.

In den Beratungen des Klimarats soll es um viele wichtige Zukunftsfragen wie Ernährung, Landwirtschaft, Energie, Produktion, Konsum, Wohnen, Mobilität und soziale Gerechtigkeit gehen. Die Ergebnisse will man zu Jahresmitte der Bundesregierung übergeben. Der nächste Termin steht ebenfalls schon fest. Nach der ersten Runde in Wien wird am 26. und 27. Februar in Salzburg getagt.

Start für den 1. Klimarat der Bürgerinnen & Bürger