Kategorie Klima- & Umweltschutz - 11. August 2021

Auch Österreich bedroht: Wie der Klimawandel die Waldbrände befeuert

Brennende Wälder in Italien, Griechenland, Spanien, der Türkei, Sibirien und Kalifornien sorgen derzeit für traurige Schlagzeilen. Immer mehr Städte und Dörfer sind bedroht, ohne nachhaltigen Klimaschutz wird die Gefahr auch in Österreich deutlich steigen.

Die Waldbrände am Mittelmeer bedrohen in zahlreichen Ländern inzwischen auch Wohngebiete, Menschen bleibt oft nur der rettende Weg mit Booten über das Wasser, mit Flugzeugen kämpfen Retter gegen die Feuersbrünste an. In Algerien sind in den vergangenen Tagen 65 Menschen in Zusammenhang mit Feuern im Land getötet worden, unter ihnen auch zahlreiche freiwillig Helfende sowie auch Soldaten.

 

Inzwischen sind auch Österreichs Feuerwehren bei den Waldbränden in Griechenland und Nordmazedonien im Einsatz, wie das Innenministerium (BMI) mitteilte. Nach einem internationalen Hilfsansuchen Nordmazedoniens wurden über das BMI bereits Feuerwehrleute aus einigen Bundesländern entsendet. Die Berufsfeuerwehr Wien schickte nun weitere zwölf Feuerwehrleute zur Ablöse ihrer Kollegen in die Region.

Derzeit fressen sich die verheerenden Feuer durch Wälder in Italien, Griechenland, Spanien, der Türkei, durch riesige Flächen in Sibirien und Kalifornien, bedrohen Städte wie Dörfer. Diese Eskalation ist großteils dem Klimawandel geschuldet. Dürre, extreme Hitze und verändertes Waldmanagement tragen dazu bei, wie der Forstsystemexperte Florian Kraxner erklärt. Laut Modellrechnungen steigen die Waldbrandgefahr und -Intensität in den kommenden Jahrzehnten auch in Österreich stark, wenn man die Klimaziele von Paris ignoriert.

Kraxner, der am Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien forscht, hat mit Kolleg:innen ein Modell namens FLAM erstellt, das bei verschiedenen Klimaszenarien und Bewirtschaftungsformen weltweit für die kommenden Jahrzehnte die Wahrscheinlichkeit für Waldbrände, deren Ausdehnung, Intensität und Emissionen berechnet. „Nur wenn wir sofort auf den Pfad der Klimaziele von Paris schwenken, die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius bis 2100 einzudämmen, können wir der Ausbreitung von Waldbränden einigermaßen Einhalt gebieten“, sagte er: „Wir wissen mittlerweile ganz klar, dass alles, was über dem Zwei-Grad-Erwärmungsziel liegt, auch gewaltige Anstiege im Waldbrandrisiko mit sich bringt“.

Doch selbst dann würden die Waldbrände noch einige Jahrzehnte heftiger und häufiger werden, bis sie sich vielleicht wieder auf dem jetzigen Niveau einpendeln. Dass der Klimawandel die Hauptursache für solche Kalamitäten ist, beschreibt auch der zu Wochenbeginn veröffentlichte sechste Sachstandsbericht des Weltklimarates (IPCC) eindrücklich.

© International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) / FLAM

Wahrscheinlichkeit und Brandfläche nehmen zu

Auch in Österreich steige die Forstbrandgefahr: „Wir haben berechnet, dass hier sowohl die Wahrscheinlichkeit, dass ein Feuer ausbricht, als auch deren Brandfläche zunehmen“, so Kraxner. Aufgrund der alpinen Landschaft sind die Flammen meist sehr schwer zu bekämpfen. „Es ist wegen der Hänge sehr gefährlich und wir haben hierzulande keine speziellen Waldbrandtruppen, auch wenn die Feuerwehr oft dafür geschult wird.“

Die Ausbreitungsgeschwindigkeit kann hangaufwärts sehr stark zunehmen. Für die Einsatzkräfte ist es fatal, oberhalb eines Waldbrandes eingeschlossen zu werden. Das könne ihnen sogar passieren, wenn sie von unten her auf das Feuer zugehen. „Es fällt auch immer wieder brennendes Material wie Wurzelstöcke den Hang hinunter und entzündet ihn zusätzlich von unten“, erklärt der Experte: „Dadurch können die Einsatzkräfte von unten vom Feuer unterlaufen werden.“ Hilfreich bei der schnellen Eindämmung von Bränden sei hingegen die hohe Dichte an Forststraßen hierzulande, weil sie den Zugang für Löschfahrzeuge und Feuerwehrmänner erleichtert.

Brände immer früher und heftiger

Das Modell zeigt für Sibirien, dass dort die Waldbrände jedes Jahr früher beginnen und immer heftiger werden. Sie wüten dort seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion auch recht ungehemmt, weil es zu wenige Feuer-Überwachungstürme, nicht genügend Löschmannschaften mit Flugzeugen und andere Maßnahmen gibt, so Kraxner: „Teilweise war in einem Gebiet der Größe Indiens nur mehr ein größeres Löschflugzeug stationiert, das man hin und wieder fliegen ließ, um die Leute zu beruhigen.“ Gegen die Brände kann es aber nichts ausrichten: Wenn es seine paar Tonnen Wasser abwirft, sei das wie der sprichwörtliche Tropfen auf einem heißen Stein.

In einer weiteren Problemzone, dem Mittelmeerraum, spielen nebst Klimawandel auch andere Dinge dem Feuer in die Hand: Manchmal werden Brände aus Landspekulation mit Absicht gelegt, aber auch die Bewirtschaftung habe sich verändert. Weil dort immer weniger Schafe und Ziegen in den lichten Wäldern den Unterwuchs herausfressen und dieser nicht mehr als Brennholz genutzt wird, bekommt das Feuer zusätzliche Nahrung. „Es ist ganz klar für Italien, Spanien und Teile der Türkei nachgewiesen, dass dies die Waldbrandgefahr und -Intensität erhöht“, so der Experte.

Modell mit Management-Maßnahmen

Das Modell stellt deshalb auch Management-Maßnahmen für die jeweiligen Regionen bereit, um die dortige Forstbrandgefahr zu reduzieren. „Das können etwa das vermehrte Pflanzen anderer Baumarten sein oder verstärkte und gezielte Waldbewirtschaftung, um eine höhere Feuer-Resilienz zu erreichen“, erläutert Kraxner. Auf jeden Fall seien massive Investitionen und Anstrengungen unumgänglich – sowohl in das Abschwächen der menschengemachten Erderwärmung, als auch in die Anpassung an die erhöhte Brandgefahr. Die gute Nachricht: „Bei einem Ansatz, der Klimaschutz und Anpassung integriert, gilt, dass was man auf der einen Seite investiert, die Kosten auf der anderen reduziert“, sagt er.

SERVICE: Weitere Infos zum FLAM-Modell

Zentrale Meilensteine im Klimaschutz in Österreich sind vom BMK bereits umgesetzt, so etwa das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, das den Ausbau erneuerbarer Energien als wesentlichen Baustein für ein klimaneutrales Österreich bis 2040 wesentlich vorantreibt. Ein Rekord-Bahnausbaupaket ist auf den Weg gebracht und Österreich nutzt auch den europäischen Wiederaufbaufonds primär für Klimaschutzzwecke. Mit dem Fit-for-55 Paket arbeitet das BMK zudem auf EU-Ebene an den nächsten Schritten. Konkrete, wirksame Klimaschutzmaßnahmen sind genau das, was es jetzt braucht. Das bestätigt auch der aktuelle Report des Weltklimarates.

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