Kategorie Innovation & Technologie - 18. Dezember 2020

Künstliche Intelligenz? Neue Sonderausstellung im Technischen Museum Wien

Nicht das erste Mal in der Geschichte der Menschheit lässt uns der technologische Fortschritt angespannt in die Zukunft blicken – ob neugierig oder verunsichert, ob heilserwartend oder apokalyptisch. Das Technische Museum Wien beleuchtet eines der größten Innovationsthemen des 21. Jahrhunderts und eröffnet Besucherinnen und Besuchern einen transparenten, reflektierten Blick auf Utopien und Hysterien, die sich um humanoide Roboter und Künstliche Intelligenz ranken.

Die Ausstellung präsentiert die derzeitigen technologischen Entwicklungen und will zeigen, woran mit welchen Zielen geforscht wird, welche gesellschaftlichen Auswirkungen von den Ergebnissen zu erwarten sind und was hinter Trend-Schlagworten wie „maschinelles Lernen“, „Algorithmus“ oder „autonome Systeme“ eigentlich steckt.

Die Sonderausstellung „Künstliche Intelligenz?“ ist der dritte Teil der Ausstellungsreihe zu Innovation und Technik, die in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) entstanden ist. Als erste Besucherin der Ausstellung, die sich einem wichtigen Zukunftsthema widmet, durfte das Technischen Museum Wien die Bundesministerin Leonore Gewessler begrüßen.

Hier einige Eindrücke zur Eröffnung und der Ausstellung selber (Zeitpunkt der Videoaufnahmen 17.12.20)

„Robotik und Künstliche Intelligenz beeinflussen uns bereits jetzt in allen Lebensbereichen und werden das in Zukunft noch mehr tun. Gerade beim Klimaschutz werden dadurch wichtige neue Möglichkeiten eröffnet. Neue Werkzeuge und Erkenntnisse der KI unterstützen uns im Kampf gegen die Klimakrise“, so Klimaschutzministerin Gewessler.

Wie künstliche Intelligenz zum Erreichen der Klimaziele beitragen kann

Neue Werkzeuge gegen die Klimakrise

In einer bewegten Entdeckungsreise reflektiert die Ausstellung gemeinsam mit dem Publikum das Potenzial und die Risiken der Künstlichen Intelligenz auf unaufgeregte Weise und zeigt, wie zeitlos die dahinterstehenden menschlichen Wunschvorstellungen sind. Denn schließlich ist auch diese innovative Technologie ein Werkzeug wie jedes andere, aber der Diskurs, für welche Zwecke wir sie einsetzen, soll mit breiter gesellschaftlicher Beteiligung erfolgen.

 

 

Dazu wird auf fünf Stockwerken erörtert, wie wir mit Maschinen interagieren, wie Künstliche Intelligenz überhaupt funktioniert und wie sie unseren Alltag – auch unbewusst – verändert. Schließlich wird das künstlerische Potenzial der Maschinen ebenso wie die Möglichkeiten, die sich für Mobilität und Stadtentwicklung bieten, untersucht.

Level 1: Die Maschine als Gegenüber

Gleich zu Beginn der Entdeckungsreise werden BesucherInnen von Cruzr, einem der fortschrittlichsten Serviceroboter weltweit, mit einer Einführung in die Ausstellung und in seine „Ahnengalerie“ empfangen. Nach der Begegnung mit einem autonomen, humanoiden Roboter sind BesucherInnen aufgefordert zu reflektieren, wie wir im Alltag mit Maschinen interagieren.

Denn jeder Knopfdruck, jeder Mausklick, jede Berührung am Touchscreen ist Kommunikation zwischen Mensch und Maschine. Diese Schnittstellen werden im Zeitverlauf zwar immer intuitiver, aber auch problematischer: Der Spracheingabe folgen neuartige Anwendungen, die auch Mimik, Gestik und Verhalten ebenso wie unseren Daten-Fußabdruck interpretieren sollen.

Level 2: Ins Innere der Künstlichen Intelligenz

Was ist das Wesen und der Ursprung von Intelligenz? Im Bestreben das menschliche Gehirn zu begreifen, gab es historisch sowohl wissenschaftliche Irrwege ebenso wie bemerkenswerte Entdeckungen, dennoch scheint ein vollständiges Verständnis der komplexen Funktionsweisen des Gehirns nach wie vor in weiter Ferne.

Welche Erkenntnisse können wir aber bereits auf die technologische Imitation von Intelligenz umsetzen? Wie trainieren wir Maschinen? Und können wir im Ergebnis noch den Unterschied zwischen Mensch und Maschine erkennen? In interaktiven Stationen können BesucherInnen dies und vieles mehr hautnah erleben.

Level 3: Im Alltag

Historisch gesehen versprechen wir uns schon lange eine Arbeitserleichterung im Alltag durch den Einsatz von Technik. Von der Künstlichen Intelligenz, die als Gipfel der Automatisierung gesehen werden kann, erwarten wir uns mehr als von bloß smarten Haushaltsgeräten.

 

Während Zukunftsfantasien an autonome Roboter denken, die uns im realen Raum unterstützen, vergessen wir oft, dass Künstliche Intelligenz in unserer digitalen Welt bereits Einzug gehalten hat. Wo uns diese Algorithmen begegnen und wie sie auf uns wirken soll hier kritisch reflektiert werden.

Level 4: Kunst und Künstlichkeit

Kreativität wird als etwas zutiefst Menschliches interpretiert, dennoch kann Künstliche Intelligenz bereits Sinfonien komponieren, Gedichte schreiben und Bilder malen. Das wirft die Frage auf: Was bedeutet Kreativität eigentlich und was soll Kunst in uns Menschen auslösen? BesucherInnen können erleben und ausprobieren, wie uns Künstliche Intelligenz im eigenen Schaffen inspirieren kann.

Level 5: Mobilität im Wandel

Der Traum vom selbstfahrenden Auto ist beinahe so alt wie das Auto selbst. Woher kommt diese Sehnsucht, was ist der aktuelle Stand der Technik und wie könnte die Zukunft der Mobilität auch abseits des Individualverkehrs aussehen? Welche Auswirkungen diese und andere Zukunftsszenarien vor allem unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit haben können, evaluiert der Wissenschaftspublizist Florian Aigner abschließend in einer Videoinstallation.

Mit zahlreichen interaktiven Erlebnissen und multimedialen Stationen lädt die Ausstellung „Künstliche Intelligenz?“ zum immersiven Eintauchen in die Thematik und zu einem aktiven Museumsbesuch ein. Außerdem werden sowohl historische als auch aktuelle Highlight-Objekte gezeigt, wie zum Beispiel das „Gläserne Gehirn“, welches in zehnfach vergrößertem Maßstab den Informationsfluss im menschlichen Gehirn veranschaulicht, der moderne Roboter Cruzr ebenso wie seine „Vorfahren“, die bis ins 18. Jahr­hundert zurückreichen, oder die ikonische Darstellung eines Neuronalen Netzwerks, die eigens für die Ausstellung erstellt wurde und weltweit einzigartig ist.

Digitales Magazin, neue Website, Museums-App

Erstmals wird die Sonderausstellung auch von einer digitalen Publikation begleitet, die die Thematik noch umfassender beleuchtet und während der gesamten Ausstellungsdauer stetig weiterwächst. So präsen­tiert das Technische Museum Wien auf seiner komplett neu gestalteten Website Beiträge und Interviews mit KuratorInnen und externen ExpertInnen, die beispielsweise einen nüchternen Blick auf den Hype um Sexroboter werfen, hinterfragen, welchen Einfluss Künstliche Intelligenz auf den Klimawandel nehmen kann, und analysieren, inwiefern wir Robotern Vertrauen schenken können. Außerdem werden ebenfalls spannende Einblicke hinter die Kulissen der Ausstellung geboten.

Im TMW gibt es seit diesem Jahr auch einen neuen Familienbereich: Im miniXplore steht spielerisches Erkunden im Vordergrund – ohne Bedienungsanleitung und ohne „richtig“ und „falsch“. So können sich Kinder und erwachsene Begleitpersonen ohne Hemmschwelle und mit viel Spaß und Spannung an MINT-Themen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) heranwagen.

„Entsprechend der neuen Leitlinie des Museums, die sich der Nachhaltigkeit verpflichtet, werden sowohl in der Ausstellung als auch im digitalen Magazin die Einsatzmöglichkeiten und Schwierigkeiten für große gesellschaftliche Umwälzungen betrachtet“, so Generaldirektor Peter Aufreiter. Denn jetzt steht in der jahrhundertelangen Reise der Automatisierung eine Richtungsentscheidung bevor: Nutzen wir die Algorithmen zur Abwendung der Klimakrise oder zur Manipulation unseres Konsumverhaltens? Ermäch­tigen wir pflegebedürftige Menschen oder missbrauchen wir sensible Gesundheitsdaten? Setzen wir die Institutionalisierung von Rassismus und Ungleichheiten technologisch weiter fort und inwieweit re­produzieren wir Gender-Stereotypen durch humanoide Roboter und autonome Systeme?

Zusätzlich wurde eine App erarbeitet, mit dem Ziel, den Museumsbesuch bestmöglich zu unterstützen, ihn vor- und nachzubereiten und inhaltlich anzureichern. Dabei werden nicht nur kuratierte Touren durch das Museum angeboten, sondern es sind auch alle Objekte des Online-Katalogs abrufbar und über ein Indoor-Positioning-System im Museum auffindbar.

Die neue Sonderausstellung „Künstliche Intelligenz?“ läuft bis Sommer 2022 und wird von einem ab­wechslungsreichen Vermittlungs- und Rahmenprogramm begleitet – sowohl online als auch im Museum.

Umweltzeichen für Technisches Museum Wien

„Ich freue mich besonders, dass das Technische Museum mit seinen getroffenen Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen ein Vorreiter unter den Museen geworden ist und zeigt, wie es klimafreundlich gehen kann. Als erstes ausgezeichnetes Bundesmuseum wird damit deutlich, dass auch in großen und komplexen Organisationen viel für den Klimaschutz getan werden kann“, so Gewessler, die im Anschluss zur Eröffnung der Sonderausstellung dem Techinschen Museum auch das Österreichische Umweltzeichen verlieh.

Als wichtiger sozialer Lernort reflektiert das Technische Museum Wien mit Österreichischer Mediathek bereits seit längerem Themengebiete rund um Umweltschutz, erneuerbare Energien oder Abfallproblematik gemeinsam mit seinem Publikum. Seit dem Antritt von Generaldirektor Peter Aufreiter Anfang des Jahres 2020 hat sich das Museum aber noch intensiver der Nachhaltigkeit verschrieben und diesen Fokus nicht nur im Leitbild, sondern auch in der inhaltlichen Ausrichtung von Ausstellungen und Vermittlungsprogrammen verankert.

Um diesem Bekenntnis auch im operativen Betrieb gerecht zu werden, hat sich das Museum intensiv mit dem eigenen ökologischen Fußabdruck auseinandergesetzt und bereits zahlreiche umweltfreundlichere Lösungen implementiert.

Das Österreichische Umweltzeichen wird vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) vergeben und zeichnet umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen aus. Für Museen mit dem Österreichischen Umweltzeichen stehen Nachhaltigkeit, Ökologie, bewusster Umgang mit Ressourcen und gesellschaftspolitische Verantwortung im Vordergrund.

„Diese Auszeichnung ist ein Meilenstein, auf den wir sehr stolz sind! Aber auf dem wir uns nicht ausruhen werden!“, hält Generaldirektor Peter Aufreiter fest. Um den ökologischen Fußabdruck des Museums weiter zu verringern, sind noch viele weitere Initiativen in Umsetzung oder in Planung.