Kategorie Innovation & Technologie - 22. Mai 2019

Mars-Simulation: ÖWF bildet acht neue Analog-AstronautInnen aus

Das Österreichische Weltraumforum (ÖWF) hat Zuwachs bekommen. Aus rund 100 internationalen Bewerbern wurden in einem aufwendigen Selektionsverfahren acht neue Analog-Astronauten ausgewählt, verkündete Gernot Grömer, Administrative Director des ÖWF und Leiter der Analog-Austronauten-Ausbildung.

Damit erhöht sich die Anzahl der Analog-Astronauten des ÖWF auf insgesamt 14. „Das ÖWF ist die einzige Forschungseinrichtung weltweit, die auf ein bestehendes Team von Analog-Astronauten zurückgreifen kann“, meinte Grömer. In einem Selektionsverfahren wurden nicht nur die Gesundheit und körperliche Fitness der Bewerber untersucht, sondern auch psychologische Faktoren und Eigenschaften, wie etwa Geduld.

Die neuen Analog-Astronauten, darunter eine Frau, stammen aus Österreich, Deutschland, Großbritannien, Griechenland, den Niederlanden, Israel und Italien.

Negev-Wüste als Marsumgebung

Fünf oder sechs der Analog-Astronauten sollen bei der nächsten Mission des ÖWF von 15. Oktober bis 15. November 2020 in der Negev-Wüste in Israel am Mars landen. „Das Gebiet ist zwar nicht so groß, wie das im Oman“, sprach Grömer die letzte Mars-Mission an, dafür sei es aber sowohl was die Topografie, als auch die Geologie betreffe, sehr vielfältig.

Das ÖWF suche bei den Missionen nach Fehlern in Arbeitsabläufen und Geräten, damit diese nicht erst am Mars entdeckt werden und dort zu Problemen führen. Innsbruck soll, wie bereits bei den vergangenen Missionen, wieder das Houston Österreichs, also das Kontrollzentrum, sein.

In Raumanzügen, die 50 Kilogramm wiegen und die mehrere Stunden zum Anziehen benötigen, wird dann eine Mars-Mission simuliert. „Wir nehmen die größte Reise der Menschheit quasi schon vorweg“, meinte Grömer, der mit einer ersten tatsächlichen bemannten Reise zum Mars in etwa 20 bis 30 Jahren rechnete.

„Der erste Mensch auf dem Mars ist schon geboren“, fügte er hinzu. Der Marsanzug-Prototyp sei wie ein „Raumschiff zum Anziehen“ und könne alle wesentlichen Einschränkungen eines realen Mars-Raumanzugs wiedergeben, wie etwa Gewicht, Druck-Gegenkräfte oder eingeschränkte Wahrnehmungsfähigkeit.

Das ÖWF hat sich nach Grömers Aussagen auf die Vorbereitung zukünftiger astronautischer Expeditionen zu anderen Planeten spezialisiert. „Wir suchen bei unseren Missionen nach Fehlern in Arbeitsabläufen und Geräten, damit diese nicht beispielsweise erst am Mars entdeckt werden und dort zu Problemen führen.“

Neuer Mars-Anzug bald im Einsatz?

Im Vorjahr hatte die Forscherinnen und Forscher des ÖWF einen neu entwickelten Anzug für den Mars präsentiert. Zum roten Planeten fliegen wird mit ihm aber erstmal niemand, zum Einsatz kommen sie erstmals 2020 bei der simulierten Marsmission in der Negev-Wüste.

„Unser Simulator ist weltweit einer der am besten entwickelten Anzüge und selbst bei der NASA auf große Resonanz gestoßen“, so Gernot Grömer.

 

Mit der neuen Technologie können Astronauten von der Rückseite aus in den Anzug einsteigen, statt wie bisher die Teile einzeln anlegen zu müssen. Die Einstiegszeit verringert sich dadurch laut Grömer um die Hälfte – auf ungefähr eine Stunde.

Zudem seien die Simulationsanzüge, deren Materialkosten bei rund 20.000 Euro pro Stück lägen, leichter als herkömmliche Modelle und hätten einen besseren Tragekomfort. „Forscher aus Österreich und Europa leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Erforschung des Roten Planeten“, sagte Grömer.

Mindestens zwei dieser Marsanzug-Prototypen, die das ÖWF in Kooperation mit Forschungseinrichtungen und Unternehmen entwickelt hat, sollen bis Ende Sommer 2019 fertiggestellt werden.

Unter anderem waren Forscher 2018 im Rahmen der Simulation Amadee 18 in der Wüste des Oman unterwegs. Diese Mars-Crew testete unter anderem ein aufblasbares Gewächshaus, die zeitversetzte Kommunikation mit der simulierten Missionskontrolle auf der Erde und Fahrzeuge mit Elektroantrieb. Damals trugen die Tester 50 Kilogramm schwere Raumanzüge.

„Wie immer auch der Weg auf den Mars aussieht, ein kleiner Teil davon wird rot-weiß-rot sein“, meint Grömer stolz.

Derzeit erkunden mehrere Rover den roten Planeten, wobei sich der Roboter Opportunity seit einem heftigen Staubsturm nicht mehr meldet. Im Mai 2018 wurde ein weiterer Mars-Lander zum Mars geschickt. Insight ist ein stationärer Lander, der seit letzten November am Planeten aktiv ist.

Die etwa 358 Kilogramm schwere Forschungsstation soll erstmals den inneren Aufbau des Mars untersuchen und neue Erkenntnisse über dessen Entstehungsgeschichte gewinnen. Zudem untersucht sie den Wärmefluss auf dem Mars und misst Erdbeben. Das Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist an der wissenschaftlichen Auswertung der Daten maßgeblich beteiligt.

apa/red

Service: Mehr Infos zur Ausbildung der Analog-Astronauten und Kurzportraits zu diesen.

INFObox: Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) investiert als Weltraumministerium jährlich rund 70 Millionen Euro in den Weltraumsektor. Unter Einrechnung der EU-Flagschiffprogramme Copernicus, Galileo/EGNOS und H2020 liegt Österreichs Beitrag bei etwa 100 Millionen Euro pro Jahr. Österreich finanziert Programme der ESA mit und ermöglicht österreichischen Betrieben so, sich für Aufträge im Rahmen der ESA-Missionen zu bewerben.