Kategorie Energie - 2. Mai 2023

Das sind die nächsten Schritte zu einer unabhängigen Energieversorgung

Nach dem Angriff auf die Ukraine vor mehr als einem Jahr hat Russland die Energiepreise massiv in die Höhe getrieben und versucht, Europa mit ausbleibenden Erdgaslieferungen zu erpressen. Seitdem wurde eine Vielzahl von Maßnahmen gesetzt, um die Gasversorgung zu sichern: die strategische Reserve des Bundes, bessere Regeln für Unternehmen, erfolgreiche Energiesparmaßnahmen und eine Verringerung der Abhängigkeit von Russland.

Diese Schritte haben gewirkt und auch die Preise sind deutlich gesunken. Zudem ist der Anteil von russischem Erdgas in Österreich seit Ausbruch des Kriegs merklich zurückgegangenen. Trotzdem war die Versorgung während des gesamten Winters gesichert.

Allerdings ist die Situation weiterhin angespannt. Genau mit dieser Herausforderung beschäftigt sich eine Analyse der beiden Energieexperten DI Walter Boltz und Dr. Gerhard Roiss. Sie haben für das BMK Vorschläge erarbeitet, wie Österreich bis 2027 unabhängig von russischem Erdgas mit Energie versorgt werden kann und welche Schritte es dabei zur Diversifizierung der Lieferungen braucht.

Umfangreichere Einspeichervorgaben für Unternehmen

Schon heute müssen Energieversorger für ihre geschützten Kundinnen und Kunden Gasreserven einspeichern, um diese auch im Ernstfall versorgen zu können. Nun soll auch für das benötigte Gas in der Stromproduktion ein Polster aus nicht-russischem Erdgas in den heimischen Speichern angelegt werden. Diese Verpflichtung muss von den jeweiligen Unternehmen selbst übernommen werden und ergänzt die strategische Reserve des Bundes. In Kombination sorgen sie dafür, dass die heimischen Speicher zu Winterbeginn gut gefüllt sind und damit kurzfristige Lieferengpässe leichter bewältigt werden können. Diese Maßnahme unterstützt außerdem den Aufbau von Lieferbeziehungen zu Lieferanten von nicht-russischem Erdgas. Soweit erforderlich sollte der Staat diese Einspeicherung durch teilweise Förderung der Transport- und Speicherkosten unterstützen.

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Transportkapazitäten für nicht-russisches Erdgas

Für eine nachhaltige Diversifizierung der Gasversorgung braucht es entsprechende Transportkapazitäten und Lieferländer. Österreich sollte aus diesem Grund daran arbeiten, entsprechende Gasmengen der OMV in Norwegen und Rumänien zu sichern. Dazu gehört auch die Buchung der Transportkapazitäten aus Norden und Süden durch eine von der Bundesregierung beauftrage Gesellschaft. Damit würde sichergestellt, dass jederzeit ausreichend Kapazitäten für den Import zur Verfügung stehen. Dort, wo es notwendig ist, soll auch die Infrastruktur entsprechend ausgebaut werden. Das betrifft besonders auch die Pipeline aus Deutschland (Umsetzung WAG-Loop). Bei all diesen Maßnahmen muss berücksichtigt werden, dass mittelfristig auch der Import von grünem Wasserstoff möglich wird und so der Erneuerbaren-Anteil steigt.

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Befristete Übertragung des OMV-Gasgeschäfts in die ÖBAG

Gleichzeitig muss bei den genannten Schritten ein effizienter Einsatz von Steuergeld im Vordergrund stehen. Förderungen dürfen nicht dazu dienen, den Gewinn von privaten Unternehmen zu erhöhen. Deshalb schlagen die Experten vor, das Gasgeschäft der OMV mit Ausnahme der bestehenden Gazprom-Verträge mit ihren rund 200 wichtigen und hochqualifizierten Mitarbeiter:innen aus der OMV herauszulösen und zeitlich-befristet in das Eigentum der ÖBAG zu übertragen. Damit bekommt der Staat den notwendigen Einfluss auf die Beschaffung des in Österreich verkauften Erdgases und kann Sorge tragen, dass die Diversifizierung mit der notwendigen Geschwindigkeit vorangeht und ein staatlicher Versorgungsauftrag erteilt werden kann.

Ausbau der Erneuerbaren Energien

Neben diesen wichtigen Maßnahmen zur Diversifizierung der Gasversorgung ist auch die Erhöhung der Produktion von heimischer, erneuerbarer Energie ein zentraler Baustein für mehr Unabhängigkeit. Energie, die inländisch produziert wird, verursacht keinen Importbedarf und stärkt so auch die Widerstandsfähigkeit unseres Landes in Zeiten globaler Krisen. Dazu soll in Österreich auch weiterhin der Ausbau der Erneuerbaren Energien mit großem Nachdruck vorangetrieben werden. Das betrifft neben dem Ziel, den gesamten Stromverbrauch übers Jahr bis 2030 aus erneuerbarer Energie zu erzeugen besonders auch den Ausbau der heimischen Biogasproduktion. Darüber hinaus gilt es bei allen folgenden Schritten im Bereich der Gas-Infrastruktur zu berücksichtigen, dass diese auch für die Nutzung von Wasserstoff geeignet sind.

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Breiter Dialog

Die vorgeschlagenen Maßnahmen lassen sich auf unterschiedlichen Ebenen umsetzen. Klar ist: Die Abhängigkeit von russischem Erdgas ist eine Gefahr für Österreich. Sie bringt wirtschaftliche Risiken, führt aber auch dazu, dass österreichische Unternehmen Monat für Monat Geld in die russische Kriegskassa überweisen. Über den Umgang mit dieser Gefahr braucht es eine gesamtgesellschaftliche Diskussion. Bedeutende Entscheidungen sollten auf Basis einer informierten Debatte getroffen werden. Dazu ist ein breiter Dialog mit Expertinnen und Experten sowie den politischen Parteien geplant, um diese Fragestellungen zu diskutieren. Darüber hinaus haben die Energieversorgungsunternehmen eine wichtige und verantwortungsvolle Rolle. Auch mit ihnen wird Klimaschutzministerin Leonore Gewessler über ihre jeweiligen Ausstiegspläne aus russischen Energielieferungen beraten.

Service
energie.gv.at

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