Kategorie Innovation & Technologie - 8. April 2016
Neue Technologien vermeiden Leerfahrten
Logistik. Güter mit der Eisenbahn zu transportieren ist umweltfreundlicher als der Weg über Straßen. Ein vom Technologieministerium gefördertes Projekt soll zeigen, wie noch mehr Lasten auf die Schiene gebracht werden können.
Laut Statistik bewältigte das österreichische Schienennetz im Jahr 2014 eine Transportleistung von 20,5 Milliarden Tonnenkilometern. Was diese Zahl allerdings verheimlicht: In den Güterwaggons, die am Bahnübergang an Wartenden vorbeidonnern, ist häufig gar nichts drin. „Im Schienengüterverkehr gibt es viele sogenannte A–B-Verkehre, das heißt, die Rückfahrten von B nach A sind Leerfahrten“, erklärt Martina Zisler, Leiterin des Projekts CinderRailer des Speditionsunternehmens Innofreight. Nach diesem Prinzip kann die Produktivität maximal 50 Prozent erreichen und das Optimierungspotenzial erscheint einleuchtend. Vor allem wenn man bedenkt, dass Güterzüge mehrere hundert Meter lang sein können und auch ohne Transportgut schon Hunderte Tonnen auf die Gleise bringen.
Eines der zugrunde liegenden Probleme ergibt sich aus der Vielfalt der zu transportierenden Güter. „Derzeit kommen im Bahngütertransport viele verschiedene Waggontypen für spezielle logistische Aufgaben zum Einsatz, die nur im begrenzten Maß für unterschiedliche Güter genutzt werden können“, erläutert Zisler. Baumstämme sind eben etwas anderes als Maschinenteile oder Kies.
Nasser Sand ist dichter als Raps
Aber selbst innerhalb der Schüttgüter lässt sich nicht alles in einen Topf, genauer gesagt Waggon, werfen. Auch wegen der unterschiedlichen Dichte der Güter: Nasser Sand kann mehr als zwei Tonnen pro Kubikmeter wiegen, Raps kaum mehr als 500 Kilogramm. Abgesehen davon, dass Lebensmittel nicht verunreinigt werden dürfen, die Verwendung desselben Behälters wäre auch logistisch nicht ideal: Entweder würde ein überdimensioniertes Volumen Platz verschwendet oder das erlaubte Ladegewicht bliebe unerreicht. Und vor allem hat jedes Unternehmen ganz eigene Praktiken, wie es Cargo-Züge auf dem Firmengelände be- und entlädt oder bei Bedarf zwischenreinigt.
Die Lösung soll nun in der Trennung von Waggon und Behälteraufbau liegen. „Basis unseres modularen Konzepts ist ein universeller Container-Tragwagen, der mit Aufbauten für die unterschiedlichsten Kundenbedürfnisse kombiniert werden kann.“ Laut Zisler ist die Neuentwicklung der leichteste achtachsige Trägerwaggon, den es derzeit gibt, und der somit eine höhere Zuladung erlaubt.
„Wo früher noch verschiedene Spezialwaggons im Einsatz waren, gibt es jetzt die Möglichkeit, komplette Flotten über ein Standardsystem laufen zu lassen.“ Wird ein Aufbau beschädigt, könne der teurere Teil, nämlich das rollende Equipment, trotzdem weiterfahren, was Kosten senkt. Außerdem könne der Waggon über Jahrzehnte hinweg Verwendung finden, weil er durch die Kompatibilität zu verschiedensten Containern nicht auf Spezialmärkte beschränkt sei.
Im Forschungsprojekt wurde ein Logistiknetzwerk aufgebaut, bei dem zunächst zwei Containertypen zum Einsatz kommen. Diese können wie ein herkömmlicher mittels Stapler gepackt und zur Seite gekippt werden. Oder das Material wie Hüttensand oder Kies rieselt per Schwerkraft durch geöffnete Klappen nach unten, während der Container auf dem Tragwagen verbleibt. Das neue Konzept biete laut Zisler künftig auch die Möglichkeit, Dreiecks- oder Mehrecksverkehre mit jeweils eigenem Containertyp zu organisieren. Schon jetzt könne die Zahl der erforderlichen Züge im Demonstrationsnetzwerk um bis zu 25 Prozent reduziert werden. CO2-Reduktion inklusive. (Von Timo Küntzle, Die Presse)