Kategorie Mobilität - 24. Januar 2020

Trotz Klimadebatte neue Rekordzahlen bei Passagieren an Österreichs Flughäfen

Die Welt leidet zunehmend unter der Klimakrise, trotzdem scheint allerorten der Flugverkehr zu boomen. Weltweit steigen die Zahlen der Flugpassiere, dabei haben viele Erdenbewohner  diese Art der Mobilität bisher gar nicht in Anspruch genommen. Die zunehmende Prosperität ehemaliger Schwellenländer wird den Trend nach mehr Flügen eher noch befördern. Emerging Markets, ein Wachstumsmarkt, auch für die Flugbranche. Dabei gehörte sie doch mit ihren Emissionen zu einem der ursächlichen Probleme der ausgerufenen Klimakrise.

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Mit dem Begriff Flugscham kam gleich eine passende Vokabel ins Sprachreportoire. Flygskam heißt es im schwedischen, wo es aus bekannten Gründen zuerst einen Namen machte, mittlerweile hat der Begriff in jeder Sprache eine Entsprechung. Ein Schlagwort, um unnötige Flugreisen ins Bewusstsein zu rücken? Ist es wirklich nötig, dass ein jeder sich in diesem Bereich einschränken sollte? An den Gesamt-Passagierzahlen hat diese Denkrichtung vorerst nichts geändert. Im Gegenteil.

Passagierplus in Wien

Auch am Flughafen Wien haben die Passagierzahlen vergangenes Jahr kräftig angezogen. Im Vorjahr frequentierten 31,7 Millionen Menschen den Wiener Flughafen. Ein Wert, den 2018 alle österreichischen Verkehrsflughäfen zusammen erreichten. Die Zahlen von 2019 entsprechen einem Wachstum von 17,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Heuer soll ein weiterer Anstieg um 3 bis 5 Prozent folgen.

Die Zahl der Starts- und Landungen legte im Vorjahr um gut 10 Prozent auf 266.800 zu – damit wurde der Rekord von 2008, vor der Finanzkrise, wieder erreicht.

Flughafen Salzburg

In Salzburg hat die fünfwöchige Totalsperre des Flughafens im vergangenen Frühjahr sich wenig überraschend in einem Rückgang bei der Zahl der transportierten Passagiere bemerkbar gemacht. 2019 fertigte der Airport exakt 1,717.991 Fluggäste ab – ein Minus von 6,9 Prozent.

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Weitere Sanierungsarbeiten sind am Flughafen Salzburg bereits geplant: Nach der Erneuerung der Start- und Landebahn sollen heuer die Vorarbeiten für die Sanierung der Rollwege beginnen, die Arbeiten selbst sollen dann 2021 stattfinden. 2023 soll die Pisten- und Rollwegentwässerung für den Grundwasserschutz folgen. Inklusive weiterer kleinerer Arbeiten sind für beide Projekte rund 30 Mio. Euro vorgesehen.

Eine deutlich größere Investition steht dem Airport freilich mit der geplanten Modernisierung des Flughafen-Hauptgebäudes bevor. Der Terminal 1 ist in die Jahre gekommen und platzt teilweise aus allen Nähten. Vor allem die Bereiche für Ankünfte, Einreise, Sicherheitskontrolle und die Wartezonen bräuchten mehr Platz.

„Wir rechnen damit, das bestehende Gebäude noch acht bis zehn Jahre betreiben zu können“, so Flughafen-Geschäftsführerin Bettina Ganghofer gegenüber der apa. Sie will darum binnen der nächsten beiden Jahre einen konkreten Plan für einen Neubau oder eine Sanierung des Terminals vorlegen. Wie teuer das wird, sei noch unklar, gerechnet wird mit einer Summe von 80 bis 120 Millionen Euro. Der Airport befindet sich zu 75 Prozent in der Hand des Landes und zu 25 Prozent in der Hand der Stadt Salzburg.

Befürchtungen von Anrainern, dass die geplante Modernisierung des Terminals zu einer deutlichen Steigerung des Flugaufkommens führen wird, versuchte Ganghofer gleich zu zerstreuen. „Wir sehen ein Passagieraufkommen von rund 2 Millionen Fluggästen im Jahr als Grenze – plus/minus 15 Prozent.“ 2017 und 2018 wurden jeweils rund 1,9 Mio. Fluggäste abgefertigt.

Linz Airport

Der Linz Airport zählte im Vorjahr 436.018 Fluggäste. Dabei musste bei Linienflügen 2019 ein Rückgang der Passagierzahlen um 18,1 Prozent auf 255.565 Fluggäste hingenommen werden. Teilweise kompensiert wurde die Entwicklung durch ein Plus im Charterverkehr, wo 174.526 Passagiere von Linz weg in den Urlaub flogen, was ein Plus von 16,1 Prozent gegenüber 2018 bedeutet. Diese Entwicklung ist unter anderem auf die Einstellung der Wien- und London-Verbindungen sowie einen Strategiewechsel der Billigflieger zurückzuführen.

Flughafen Klagenfurt

Auch der Flughafen Klagenfurt war von weniger Inlandsflügen durch Kürzungen bei der Wien-Strecke betroffen und hat im Jahr 2019 ein deutliches Minus bei den Passagierzahlen verzeichnet. Wie der Flughafen in einer Aussendung bekannt gab, verzeichnete man im vergangenen Jahr 209.278 Passagiere, das sind um 8,36 Prozent weniger als noch im Jahr 2018. Damals hatte der Flughafen 228.372 Passagiere und 3.566 Flugbewegungen registriert.

Flughafen Graz

Die Flughafen Graz Betriebs GmbH hat im Geschäftsjahr 2019 ein leichtes Plus bei den Passagierzahlen eingeflogen, was laut Flughafen-Geschäftsführer Gerhard Widmann angesichts des Rekordjahres 2018 besonders erfreulich sei. 1,036 Mio. Fluggäste wurden befördert, wobei der Zuwachs nur bei Charter liegt. Im Frachtbereich gab es einen Rückgang von 19.233 auf 18.970 Tonnen, ein Minus von 1,37 Prozent.

Bei den Passagierzahlen hat man nach 2018 im Gesamtaufkommen ein leichtes Plus von 0,58 Prozent oder 6.000 Personen verbucht. Im Linienverkehr gab es ein leichtes Minus von 0,15 Prozent bzw. 1.367 Personen von 896.460 auf 895.093 Fluggäste. Beim Charter betrug der Zuwachs 5,48 Prozent und steigerte sich von 134.469 auf 141.836 um 7.367 beförderte Personen.

Dass 2019 ein neuer Passagierrekord verbucht werden könnte, hatte sich schon Anfang Dezember mit dem millionsten Fluggast abgezeichnet. Damit hat der Flughafen zum dritten Mal die Millionengrenze geknackt. Dies war nach einem Zuwachs von 7,5 Prozent bei den Fluggastzahlen 2018 nicht selbstverständlich.

Flughafen Innsbruck

Der Flughafen Innsbruck hat im Vorjahr 1.144.471 Passagiere abgefertigt. Das entspricht einem leichten Plus von rund 25.000 Passagieren bzw. 2,2 Prozent im Vergleich zum Jahr davor. Angesichts der Herausforderungen des Jahres 2019 mit den Insolvenzen von Thomas Cook und Germania zeigte man sich seitens des Flughafens mit den Zahlen sehr zufrieden.

Rückgang in Deutschland erwartet

Der Trend von Kürzungen im nationalen Flugplan und der Reduzierung von Inlands-Verbindungen, könnte einer Prognose des Verbandes deutschen Flughäfen ADV zufolge im neuen Jahr zu einem Passagierrückgang führen. Der Verband rechne mit 0,7 Prozent weniger Passagieren bei 2,9 Prozent weniger Starts und Landungen.

Mehr Nachhaltigkeit in der Luft?

Ist Flugscham für diese Rückgänge mitverantwortlich? Ist das ein notwendiger gesellschaftlicher Druck, um dem Fliegen entgegenzuwirken? Gut gemeint, oder überbordend bevormundend?

Fakt ist, dass Flugzeuge natürlich gehörig CO2 emittieren. Zwar stammen nur 2,7 Prozent der weltweiten Emissionen des klimaschädlichen Kohlendioxids von der Luftfahrt. Trotzdem hat das von ihr ausgestoßene CO2 in ihrer hauptsächlichen Arbeitssphäre in großen Höhen eine etwa drei Mal so starke negative Klimawirkung wie bodennahes Kohlendioxid. Wenn wir weniger fliegen, trägt das also nachhaltig zum Schutz der Umwelt bei, sollte man meinen. Jeder Flug, der nicht stattfindet, spart CO2 und andere klimawirksame Emissionen.

Trotzdem muss man die Sache differenzierter betrachten. Im Einzelfall nämlich. Selten wird erwähnt, wie üblich Viel- und Fernflüge im Lebensalltag durchschnittlicher Österreicherinnen und Österreicher sind. Und nicht immer wird der eigentlich geringe Prozentsatz an Einsparpotential in der Gesamtrechnung offenbar, sollten wir das Fliegen ganz aufgeben.

Hohe Zahl Nichtflieger in der Bevölkerung

Dabei zeigen Zahlen des Mobilitätsclubs VCÖ aus dem Jahr 2017, dass ein Drittel der 16- bis 69-jährigen Bevölkerung nie fliegt, die Hälfte höchstens einmal im Jahr oder seltener. Nur 17 Prozent dieser Bevölkerungsgruppe steigt mehrmals im Jahr in ein Flugzeug. Umgerechnet ausgedrückt heißt das: Lediglich elf Euro kommen in einem durchschnittlichen Haushalt für Flugtickets pro Monat zusammen. Sich bei Flügen spürbar einzuschränken ist der großen Mehrheit demnach kaum möglich – schlicht weil sie wenig bis gar nicht fliegt.

Dennoch versuchen Airlines weltweit, vielfliegende oder potentiell neue Passagiere mit Gegenstrategien positiv zu stimmen. Dazu gehört momentan auch ein sogenanntes Freikaufen von den Emissionen. Schon beim Buchen eines Fluges können Kundinnen und Kunden für entsprechend berechnete CO2 -Emissionen auf der jeweiligen Strecke zahlen. Geld, das wiederum in verschiedene Kimaschutz im In- und Ausland fließt.

Ablass-Emissionshandel

Seit etlichen Jahren ist der europäische Luftverkehr außerdem Teil des EU-Emissionshandels. Die Europäische Union nutzt seit dem Jahr 2005 das Emissionshandelssystem EU-ETS als Instrument der Klimaschutzpolitik. Seit 2012 ist auch der Luftverkehr einbezogen. Das bedeutet, dass jede Fluggesellschaft, die innerhalb Europas Flüge durchführt, einen Teil der ausgestoßenen CO2-Emissionen kompensieren und hierfür entsprechende Zertifikate kaufen muss.

Diese werden zum Beispiel an der Börse gehandelt und werden von denjenigen verkauft, die genau diese CO2-Emissionsmengen eingespart haben. Der Preis pro Tonne CO2 variierte in den letzten 12 Monaten sehr stark. Derzeit kostet eine Tonne CO2 zwischen 25 und 30 Euro. Dabei is die Luftfahrt – wie auch die Schifffahrt in internationalen Gewässern – ausgeklammert, weil ihre Emissionen keinem Land zuzuordnen sind.

Wie kann die Branche dennoch die ambitionierten, aber dringend notwenigen Pariser Klimaziele unterstützen, zu dessen Einhaltung sich auch Österreich verpflichtet hat? Das Klimaabkommen sieht vor, dass die globalen Treibhausgasemissionen bis 2050 auf (netto) null gesenkt werden sollen, um die globale Erderwärmung auf maximal zwei Grad Celsius zu begrenzen.

Eine mögliche Lösung liegt im technologischen Fortschritt: Erst durch synthetische Treibstoffe, die aus regenerativer Energie gewonnen werden, werde klimaneutrales Fliegen möglich. Die Forschung und Entwicklung solcher E-Fuels steckt jedoch noch in den Kinderschuhen, ein Einsatz ist momentan extrem teuer und wird derzeit nirgendwo auf der Welt wirtschaftlich betrieben.

Zumindest die Flughäfen selber wollen bis dahin klimaneutral operieren. Die Airports Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz, Salzburg und Wien streben den CO2-emissionsfreien Betrieb bis spätestens 2050 an. Bis dahin sollen die von den Airports verursachten CO2-Emissionen auf Null reduziert werden. Ein entsprechender Beschluss für ein CO2Zero Emissions 2050-Programm wurde gemeinsam verabschiedet. Die österreichischen Verkehrsflughäfen in der Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Verkehrsflughäfen (AÖV) leisten damit einen nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz, seit 2010 hätten sie ihren CO2-Ausstoß bereits um mehr als 60 Prozent reduziert.

INFObox: Die Austro Control sorgt im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) für einen sicheren, pünktlichen und umweltschonenden Flugverkehr. Keine einfache Aufgabe bei über einer Million Flugbewegungen pro Jahr und täglich bis zu 4.000 kontrollierten Luftfahrzeugen über Österreich.