Kategorie Energie - 22. Juni 2023

Sicher durch die Energiekrise: BMK zieht positive Zwischenbilanz

Der brutale russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, eingeschränkte Gaslieferungen und zerstörte Infrastruktur, extreme Schwankungen bei der Preisentwicklung: 2022 war ein turbulentes Jahr für die heimische Gasversorgung.

Das Klimaschutzministerium (BMK) konnte in dieser schwierigen Zeit einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Versorgungssicherheit in Österreich aufrecht zu erhalten. Schon im Sommer 2021 hatte die Phase hoher Energiepreise begonnen, mit Kriegsbeginn im Februar 2022 und dem Ausruf der Frühwarnstufe im März wurde das Krisenmanagement noch engmaschiger und konzentrierter. Es folgte ein Jahr, das von dynamischen Entwicklungen und teils großer Unsicherheit geprägt war.

Erste Kriegsmonate: Beschluss der strategischen Gasreserve

Schon im März 2022 wurde angesichts der damaligen Entwicklungen beschlossen, eine strategische Gasreserve anzulegen. In einem zweiten Schritt wurde diese im Mai auf gesamt 20 TWh ausgeweitet. Dabei fiel die Entscheidung, bevorzugt nicht-russisches Gas zu beschaffen, um alternative Lieferpfade zu erschließen. Letztendlich konnten rund 8,5 TWh Gas aus nicht-russischer Herkunft beschafft werden. Diese Reserve wurde im Laufe des Sommers aufgebaut und ist mit November 2022 vollständig in das Eigentum der Republik Österreich übergegangen. Dieses gespeicherte Gas stellt ein wesentliches Fundament der österreichischen Versorgungssicherheit dar.

Wie stark Österreich von russischem Gas abhängig ist, zeigten erste Szenarien von Anfang Mai 2022: Der Anteil von Gas aus Russland an den Gesamtimporten lag damals bei mehr als 70 Prozent. Wäre es mit Beginn Juni – also vor dem Aufbau der strategischen Reserve und bei einem Speicherfüllstand von lediglich 30 Prozent – zu einem vollständigen Stopp von Gaslieferungen aus Russland gekommen, wären die Speicher im November oder Dezember 2022 leer gewesen.

Dann wären Maßnahmen zur Energielenkung notwendig geworden, um sicherzustellen, dass der lebenswichtige Bedarf an Gas und Strom gedeckt wird und eine ungestörte Gütererzeugung möglich ist. Die vorhandene Energie wird in diesem Fall so gelenkt, dass Haushalte und soziale Dienste versorgt sind, wirtschaftliche Schäden minimiert werden und lebenswichtige Lieferketten aufrechterhalten werden können.

Sommer 2022: Rekordpreise und Diversifizierung

Ab Mitte Juni wurden die Lieferungen von russischem Gas nach Österreich deutlich eingeschränkt. Mehr als 50 Prozent der vom Hauptimporteur OMV abgerufenen russischen Mengen wurden während der Sommermonate nicht geliefert, teilweise sogar nur 30 Prozent oder noch weniger. Während für Österreich seit Jahrzehnten die Ukraine-Transitroute relevanter ist, wurde Deutschland mit russischem Gas fast ausschließlich über die Nordseepipeline Nord Stream 1 beliefert. Im September wurde sie – gleich wie ein Strang der ebenso dort verlaufenden aber noch nicht in Betrieb genommenen Pipeline Nord Stream 2 – durch einen Sabotageakt zerstört.

Im Falle eines vollständigen Lieferstopps von russischem Gas ab September 2022 und ohne verbrauchsmindernde Maßnahmen wären die bis dahin aufgebauten Speichermengen (66 Prozent Füllstand) bereits im Jänner 2023 – das Monat mit dem gewöhnlich höchsten Gasverbrauch – erschöpft gewesen. Um die Gasversorgung Österreichs breiter und unabhängiger von Russland aufzustellen, wurde im Juni das Gasdiversifizierungsgesetz beschlossen. Es war eine wichtige Grundlage unter anderem für die OMV, um Pipeline-Kapazitäten für nicht-russisches Erdgas zu buchen. Die Buchungen waren notwendig, damit Gas aus Norwegen und Italien nach Österreich transportiert werden kann.

Gleichzeitig mit der Eskalation der Liefereinschränkungen durch Russland, der beschleunigten Speicherbefüllung in Europa und der Sicherung nicht-russischer Gasquellen stieg auch der Gaspreis im Großhandel stark an und erreichte Ende August Spitzen von mehr als 300 Euro pro Megawattstunde.

Heizsaison 2022: Volle Speicher, erfolgreiche Einsparungen

Anfang September – zum Auftakt der Heizsaison – präsentierte die Bundesregierung die Energiesparkampagne „Mission 11“ und rief das Ziel aus, den Energieverbrauch der österreichischen Haushalte um 11 Prozent gegenüber 2021 zu reduzieren.

Mit jeder importierten kWh Gas, die nicht verbraucht wurde, füllten sich zunehmend die Speicher – auch jener in Haidach. Ein großer Teil der Speicherkapazitäten wurde bis Juli von einer Gazprom-Tochter gehalten, aber nicht genutzt. Mittels Verankerung des „Use it or lose it“-Prinzips im Gaswirtschaftsgesetz konnten diese Speicherkapazitäten ab Ende Juli wieder ihrem ursprünglichen Verwendungszweck zugewiesen und genutzt werden. Mit 1. November betrug der Speicherfüllstand 93 Prozent und Österreich konnte mit einem guten Polster in den Winter starten.

Allmählich entspannte sich die Versorgungssituation. Selbst im Fall eines besonders kalten Winters und eines Komplettausfalls der russischen Gaslieferungen wäre die strategische Gasreserve ausreichend gewesen.

Da auf diese Reserve jedoch nur in Notsituationen zurückgegriffen werden sollte, blieb Energiesparen die beste Versicherung gegen Versorgungsengpässe. Der österreichische Winter verlief anders als in diesem Worst-Case-Szenario modelliert: Die Temperaturen waren überdurchschnittlich hoch, der Verbrauch blieb niedrig, gleichzeitig wurden die Liefereinschränkungen durch Russland teilweise sogar zurückgenommen.

Analyse: Österreichische Energieagentur und E-Control

© BMK, Analyse: Österreichische Energieagentur und E-Control

Durch eine Kombination aus geringerem Verbrauch, stabilen Importen und warmem Wetter konnte nach dem vergangenen Winter äußerst positiv bilanziert werden: Mit 12. März 2023 betrug der Speicherstand noch immer 66 Prozent und damit fast das 5-fache des Füllstands des vergangenen Jahres. Auch die Gaspreise entspannten sich im Winter wieder.

Mit erneuerbaren Energien aus der Krise

Trotz dieser positiven Entwicklung ist die Energiekrise aber noch lange nicht überwunden. Sie hat verstärkt, was sich schon länger abzeichnet: Viele Unternehmen und Haushalte haben Gas ist im vergangenen Jahr dauerhaft den Rücken gekehrt. Gasheizungen wurden stillgelegt und gegen klimafreundliche System ausgetauscht. Noch nie zuvor planten so viele den Bau einer Photovoltaik-Anlage und es wurde bewusster auf den Energieverbrauch geachtet und eingespart.

Österreich ist es gelungen, sein Ziel von 34 Prozent mit 36,4 Prozent zu übertreffen. Der EU-Schnitt liegt bei 21,8 Prozent. Entscheidend dafür waren deutliche Zuwächse der Bereitstellung und Nutzung Erneuerbarer in allen maßgeblichen Bereichen: So konnte die Stromerzeugung aus Wasserkraft, Wind, Photovoltaik und Bioenergie deutlich erhöht werden, vor allem durch die Förderungen im Rahmen des Ökostromgesetzes.

Auch im Bereich der Wärmeversorgung hat der Anteil erneuerbarer Energieträger maßgeblich zugenommen, nicht zuletzt aufgrund von Bundes- und Landesförderungen für erneuerbare Wärmetechnologien, insbesondere für Biomasse. Im Verkehrsbereich waren vor allem steuerliche Anreize und Bundesförderungen in Verbindung mit einem eigenem „Verkehrs-Ziel“ in der RED I maßgebliche Akzente.

Österreich im Spitzenfeld

Der Mix aus Energieträgern wie Wind, Wasser, Erdgas und Öl sowie die Potentiale sind von Land zu Land unterschiedlich. Ein Blick auf das Ranking der EU-Mitgliedstaaten beim Anteil erneuerbarer Energieträger am Bruttoendenergieverbrauch zeigt, dass Österreich im Spitzenfeld liegt. Im Jahr 2021 belegte Österreich mit 36,4 Prozent den fünften Platz hinter Schweden (62,6 Prozent), Finnland (43,1 Prozent), Lettland (42,1 Prozent) und Estland 37,6 Prozent). Der EU-Durchschnitt liegt mit 21,8 Prozent deutlich dahinter. Das Ranking basiert auf der EU-Richtlinie 2009/28/EG vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (kurz RED I).

Service
energie.gv.at

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