Kategorie Innovation & Technologie - 7. April 2016

Stiftungsprofessuren für Stahldesign und smarte Stoffe

Wien – Edle Spender und Stifter, die ihr Vermögen der freien Forschung zur Verfügung stellen, sind ja hierzulande eher rar gesät. Der Anteil an privaten Zuwendungen an die Wissenschaft ist im internationalen Vergleich immer noch so gut wie nicht vorhanden – und das in Zeiten der chronischen Unterfinanzierung der Grundlagenforschung, wie in der Community regelmäßig moniert wird.

Demgegenüber ist es eine relativ lukrative Alternative für Universitäten, in Kooperation mit Unternehmen Stiftungsprofessuren einzurichten. Meist zahlt das Land mit – seit 2014 auch der Bund. Damals wurden über die Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) die ersten Professuren für die Bereiche Produktion und Industrie 4.0 ausgeschrieben. Seither wurden sechs Stiftungsprofessuren vergeben – besetzt waren sie aber noch nicht.

Vergangene Woche wurden nun die ersten Bestellungen präsentiert, nämlich für den Lehrstuhl für Stahldesign an der Montanuniversität Leoben und für den Lehrstuhl für Textile Verbundwerkstoffe – Technische Textilien der Universität Innsbruck am Standort Dornbirn (Vorarlberg).

Es seien dies „Felder, von denen wir uns hohes Innovationspotenzial für Österreich erwarten“, erklärte Infrastrukturminister Gerald Klug am Donnerstag bei der Präsentation in Wien. Das Infrastrukturministerium steuert mit je zwei Millionen Euro für fünf Jahre 60 Prozent der Kosten bei, den Rest teilen sich je zur Hälfte Uni und Industriepartner.

Den Lehrstuhl für Stahldesign an der Montanuni Leoben besetzt Ronald Schnitzer (35). Er hat in Leoben Werkstoffwissenschaft studiert, war seit 2010 bei Voestalpine Böhler Welding Austria tätig, seit 2014 als Leiter der Forschungsabteilung. Die Voestalpine ist nun auch Industriepartner. Schnitzer will sich mit der Entwicklung von Hochleistungsstählen beschäftigen und dabei das Verständnis der Beziehung zwischen Struktur des Materials und dessen Eigenschaften erweitern. Dazu sollen hochauflösende Methoden der Werkstoffcharakterisierung eingesetzt werden, die erlauben, den atomaren Aufbau von Werkstoffen zu untersuchen.

Als Anwendungsfeld nannte Schnitzer etwa die Autoindustrie. „Wir werden frühestens in fünf bis zehn Jahren ernten, aber die Ernte wird reich sein“, begründete Voestalpine-Vorstandsmitglied Peter Schwab das Engagement seines Unternehmens für die Professur.

Den Lehrstuhl für Textile Verbundwerkstoffe der Uni Innsbruck wird Tung Pham (46) übernehmen. Er war 14 Jahre lang in der Forschungsabteilung von Borealis in Linz tätig und war seit 2014 Professor für Werkstofftechnik an der deutschen Hochschule Albstadt-Sigmaringen.

Im Mittelpunkt seiner Arbeit stehen einerseits smarte Textilien, andererseits textile Verbundwerkstoffe für Leichtbaukonstruktionen. Die Funktionalität von Textilien soll dabei weit über derzeit bekannte Leistungen etwa von Outdoor-Bekleidung hinausgehen, Pham nannte etwa flexible Sensoren für den Medizinbereich. „Wir haben den Anspruch, mit der Stiftungsprofessur zum textilen Silicon Valley zu werden“, sagte Günter Grabher, als Inhaber der Grabher Group einer der Unternehmenspartner.

Diese Form der Kooperation sei für alle Seiten fruchtbar, heißt es vonseiten des Verkehrsministeriums: Die heimische Industrie würde von der Entwicklung neuer Technologien profitieren, die Unis könnten sich umfassende Investitionen, auch in Grundlagenforschung, leisten. Die Forschungsergebnisse gehören den Unis und werden auch von ihnen veröffentlicht, wird betont. Noch heuer sollen vier weitere Bestellungen von Stiftungsprofessuren erfolgen, nämlich an der TU Graz (zwei Professuren), der TU Wien und der Uni Linz. (kri, 7.4.2016)