Kategorie Klima- & Umweltschutz - 7. August 2023

Unwetter im Süden Österreichs: Klimawandel erhöht Wahrscheinlichkeit für Starkregenereignisse

Nach dem Starkregen der vergangenen Tage hat sich die Situation in Kärnten und der Steiermark etwas entspannt. Die Gefahr ist aber noch nicht gebannt. In Kärnten mussten auch am Montag Häuser evakuiert werden. Das Ausmaß der Schäden kristallisiert sich erst langsam heraus, klar ist aber: Der Klimawandel erhöht die Wahrscheinlichkeit für derart fatale Ereignisse.

Die Pegelstände der Flüsse im Süden Österreichs stabilisieren sich zunehmend. Der starke Regen der vergangenen Tage machte jedoch das Erdreich instabil. Die Feuerwehren befinden sich weiter im Dauereinsatz. Auch bei den Landesgeologinnen und -geologen herrscht Hochbetrieb.

Die meisten Zivilschutzwarnungen in Kärnten waren am Montagvormittag weiter aufrecht, nur für die beiden Lavanttaler Gemeinden St. Paul und St. Georgen wurden sie bereits aufgehoben. Betroffen waren vor allem Gemeinden im Bezirk Völkermarkt, dazu der Klagenfurter Stadtteil Viktring sowie Keutschach. Zivilschutzalarm gab es nach wie vor für Loibach (Gemeinde Bleiburg).

 

Laut Gerd Kurath vom Landespressedienst Kärnten kamen zu den 80 größeren Hangrutschungen, die bereits begutachtet seien, zahlreiche kleinere. Insgesamt gebe es Hunderte, und laufend kämen neue hinzu. Ein Hotspot sei nach wie vor die Wörthersee-Ostbucht, die unter Wasser steht und unterspült sein könnte.

Steiermark: Pegelstände der Flüsse sinken

Leichte Entspannung zeichnete sich indes in den Hochwassergebieten der Süd- und Südoststeiermark ab, zumindest was die Pegelstände der Flüsse betrifft. Der Pegelstand der Sulm im Bereich Leibnitz ging stark zurück. Alle Pegelstände an der Mur sinken laut Aussendung des Landes, der Pegel in Mureck ist mittlerweile auf Warnstufe Gelb und nicht mehr Rot, Tendenz weiter fallend.

Größere Probleme macht das aufgeweichte Erdreich. Rund 320 abgerutschte Hänge verzeichnete das Land in den Katastrophengebieten, 82 Menschen mussten seit Freitag aus ihren Wohnhäusern in Sicherheit gebracht werden. In der Nacht auf Sonntag war etwa im Ortszentrum von St. Johann im Saggautal im Bezirk Leibnitz eine Mure abgegangen.

 

In der Ortschaft Gnas sorgten die Überflutungen indes für Probleme bei der Trinkwasserversorgung. Die Freiwillige Feuerwehr Pöllau transportierte 42.000 Liter Trinkwasser in das betroffene Gebiet.

Insgesamt waren seit Freitag rund 11.000 Feuerwehrleute in der Steiermark im Unwetter- und Hochwassereinsatz. Von Freitag bis Sonntag wurden rund 2.500 Einsätze gezählt, allein am Freitag waren es mit knapp 1.350 Unwettereinsätzen mehr als im gesamten Jahr 2021. 2022 wurden mit gesamt rund 2.660 Unwettereinsätzen nur etwas mehr als am Wochenende registriert.

3.800 Schadensmeldungen in Kärnten & Steiermark

Die Donau Versicherung rechnet mit bis zu zehn Millionen Euro Schäden in Kärnten. Seit Juni habe man gut 2.800 Schadensmeldungen aus dem Bundesland erhalten, hieß es in einer Aussendung am Montag.

In der Steiermark verzeichnete die Versicherung seit Anfang Juni knapp über 1.000 Schadensmeldungen. Aktuell werde mit einem Schadensaufwand von rund drei Millionen Euro gerechnet. Das volle Ausmaß werde sich aber erst nach dem Ende der Aufräumarbeiten zeigen.

Extremwetter durch Klimawandel

Millionen Menschen mussten in den vergangenen Wochen weltweit unter Extremwetterereignissen wie Hitzewellen oder Überschwemmungen leiden. Wissenschaftler:innen führen die zunehmenden Extremwetterereignisse direkt auf den menschengemachten Klimawandel zurück.

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Klimawissenschaftler:innen und dem Weltklimarat (IPCC) aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver.

Österreich ist im internationalen Vergleich überdurchschnittlich stark von der Erderwärmung betroffen: Während die globale Durchschnittstemperatur seit 1880 um knapp ein Grad Celsius angestiegen sei, ist der Anstieg in Österreich mit rund zwei Grad doppelt so hoch.

Welche Wucht die Auswirkungen der Klimakrise auf Österreich haben, zeigten nun auch die anhaltenden Unwetter im Süden Österreichs. Dass Extremregen durch die Erderwärmung zunimmt, ist zum einen physikalische Wirklichkeit, nachdem warme Luft auch mehr Wasserdampf halten kann, zum anderen aber auch kongruent mit den Warnungen der Wissenschaft, die seit mehreren Jahrzehnten in Klimamodellen genau solche Szenarien vorhergesagt hat.

Explosive Gemengelage

Verhältnisse, die solche schweren Regenfälle wie in den vergangenen Tagen im Süden des Landes verursachen, beschrieb der Meteorologe Gerhard Hohenwarter vom Kärntner Büro der Geophere Austria (vormals ZAMG) gegenüber der APA aus meteorologischer Sicht als „explosive Mischung“. Eine solche Gemengelage sehe man in Südösterreich eigentlich eher im Herbst. Der Klimawandel erhöhe jedoch die Wahrscheinlichkeit für derart fatale Auswirkungen, so der Meteorologe.

In den vergangenen Tagen erlebte man „eigentlich ein klassisches Genua-Tief“. Aus dem Nordwesten, von den britischen Inseln her kam kühlere Luft in den heißen Mittelmeerraum, was im Bereich von Genua dann zur Bildung eines großen Tiefdruckgebietes führte. „Das ist eine sehr typische Wetterlage, aber eher erst für den Spätsommer oder Herbst hinein.“ Während der „Hundstage“ seien solche massive Kaltluftvorstöße in den Mittelmeerraum eigentlich selten. Klar sei: „Kalte Luft über dem warmen Meer bildet immer eine explosive Mischung.“ Genau diese bekam der Süden Kärntens und der Steiermark in Form von massiven Niederschlägen nun zu spüren.

Die durchschnittliche Temperaturerhöhung durch den Klimawandel spiele vor allem beim Ausmaß der Regenmengen eine Rolle. Hohenwarter: „Warme Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen.“ Pro zusätzlichem Grad Celsius liegt dieses Plus bei sieben bis zehn Prozent. Im Süden Österreichs haben sich die Sommertemperaturen in den vergangenen 30 bis 40 Jahren um knapp zwei bis drei Grad erhöht. Dementsprechend steigt das Potenzial für starke Niederschläge.

Bei gleicher Wetterlage wären vor 30 oder 40 Jahren die nunmehrigen Niederschläge „mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich schwächer ausgefallen“, weil die Temperaturen insgesamt höchstwahrscheinlich niedriger gewesen wären. Ein weiterer Faktor sei, dass durch den Klimawandel Wetterlagen langlebiger werden. „Wir haben also eine Verknüpfung von einem natürlichen Wetterlagen-Ablauf mit einer Klimawandel-Überlagerung“, erklärte der Meteorologe.

Durch das weiter sehr warme Wasser im Mittelmeer ist dort viel Energie gespeichert, die sich je nach Zutaten-Mischung verschieden entladen kann. Gebe es dann wieder Kaltluft-Einbrüche im westlichen Mittelmeer, sei einiges „angerichtet“, damit Ähnliches vor allem im Mittelmeerraum wieder auftreten kann. Das könnte dann – vorausgesetzt es passt im negativen Sinne wieder alles zusammen – auch erneut den Alpenraum betreffen.

apa/orf/red

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