Kategorie Innovation & Technologie - 28. März 2023

Verbrenner-doch-nicht-Aus: Wie steht es um die Effizienz von E-Fuels wirklich?

Wochenlang tobte in der EU eine hitzige Debatte um die Zukunft des Verbrennungsmotors. Trotz einer bestehenden Vereinbarung von Europaparlament und EU-Staaten, nach der die EU das Verbrenner-Aus bereits besiegelt hatte und ab 2035 nur noch Neuwagen mit emissionsfreien Antrieben zulassen wollte, war nun ein erneuter Kompromiss nötig, um diese Vereinbarung mit allen Mitgliedsstaaten aufrecht zu erhalten.

Am heutigen Dienstag haben die EU-Staaten nun endgültig grünes Licht für das weitgehende Aus von Verbrennungsmotoren ab 2035 gegeben – allerdings mit einem Schlupfloch, wenn sie ausschließlich mit CO2-freien Kraftstoffen angetrieben werden.

Ausgeschert von der ursprünglichen Entscheidung war zuvor Deutschland, die Abstimmung wurde kurzfristig von der Agenda genommen, der Ruf nach einer Ausnahme für Fahrzeuge, die mit synthetischen Kraftstoffen – sogenannten E-Fuels – betrieben werden, stand plötzlich im Raum.

Deutschland drohte wochenlang mit einer Blockade, wenn EFuels nicht als Ausnahme bei der Regulierung der Flottengrenzwerte, die das Verbrenner-Aus verankert, berücksichtigt würden.

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler begrüßte zwar, dass durch die Einigung nun der Weg in Richtung CO2-neutrale Mobilität nicht weiter blockiert werde, kritisierte aber zugleich, „dass es ein Schlupfloch brauche, um die Zustimmung der Bremser und Blockierer, die einer alten fossilen Ideologie nachtrauern, zu bekommen“. Sie sei froh, dass „wir die wochenlange Blockade nun ausräumen konnten“, sieht die europäische Automobil-Branche jedoch „nachhaltig geschwächt“.

Unter dem vielfach bemühten Schlagwort der Technologieoffenheit werde hier eine Debatte jenseits aller physikalischen Grundlagen geführt, bemängelten Kritiker des Kompromisses zum Verbrenner-Aus. E-Fuels seien ineffizient und teuer, ihr Einsatz in Pkw unwirtschaftlich, ihr Einsatz untergrabe den Klimaschutz und die Arbeit an Klimaneutralität, selbst die Autokonzerne hielten E-Fuels für nebensächlich und lediglich als „Option für Nischenanwendungen“.

Was sind E-Fuels?

Die synthetischen Kraftstoffe haben ähnliche Eigenschaften und chemische Zusammensetzungen wie konventionelle Kraftstoffe – sie sind kohlenstoffhaltig und flüssig. Hergestellt werden sie aus Wasserstoff und dem Treibhausgas CO2: Wasser wird unter Einsatz von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten, der Wasserstoff wird dann mit CO2 zu Kraftstoff verarbeitet.

Sie sind nicht zu verwechseln mit den sogenannten Biokraftstoffen, die aus Ölpflanzen (beispielsweise Raps), Getreide, tierischen Abfällen oder sonstiger Biomasse gewonnen werden – und die stark in der Kritik stehen, da für den Anbau von diesen Pflanzen große Flächen Regenwald abgeholzt werden.

Sind E-Fuels klimafreundlich?

Weil EFuels bei der Produktion CO2 aufnehmen – aus Produktionsanlagen oder aus der Luft – und bei der Verbrennung wieder abgeben, gelten sie in der Theorie als klimaneutral. Dies gilt allerdings nur dann, wenn für die bei der Produktion benötigte Energie ausschließlich Ökostrom verwendet wird.

Wie effizient sind E-Fuels?

In dieser Frage müsste der eigentliche Knackpunkt der ganzen Debatte liegen: Der Einsatz von EFuels in Verbrennungsmotoren von Pkw ist laut übereinstimmender Expert:innenMeinung nämlich „hochgradig ineffizient“. Sie haben einen Wirkungsgrad von zehn bis 15 Prozent. Das bedeutet: Nur ein Bruchteil des in der Produktion von E-Fuels eingesetzten Stroms kommt am Ende in der Maschine an.

Der Wirkungsgrad von elektrisch betriebenen Autos – die den Strom ohne aufwendige Umwandlungsprozesse nutzen – liegt fünf bis sechsmal höher (siehe Grafik). Selbst Wasserstoff ist deutlich effizienter als E-Fuels, aber ebenfalls ineffizienter als ein reiner Elektro-Antrieb. Selbst, wenn sich die Technik in den nächsten Jahren weiterentwickeln sollte: Unter Betrachtung rein physikalischer Gesichtspunkte können E-Fuels nie effizienter sein als die direkte Stromnutzung.

Da die Energieeffizienz jedoch ein absoluter Schlüssel zur Bewältigung der Klima und Energiekrise ist, sollten gerade die Effizienzketten der Antriebstechnologien im Mittelpunkt aktueller Debatte stehen. Erst im vergangenen Herbst hat dazu das Klimaschutzministerium (BMK) eine umfassende Analyse über die Österreichische Energieagentur erstellen lassen, die genau diese Unterschiede in der Effizienz von batterieelektrischer Mobilität (BEV), BrennstoffzellenFahrzeugen und Verbrennern mit EFuels im Detail analysiert und Umwandlungsverluste darstellt.

In der Analyse basieren alle drei Technologien auf erneuerbarem Strom, Unterschiede bestehen jedoch in der Art der Energiespeicherung (Batterie, Wasserstoff, EFuel) sowie der Art des Antriebs (Elektromotor, Brennstoffzelle & Elektromotor, Verbrennungsmotor).

Für den Effizienzvergleich zwischen den genannten TechnologieOptionen wurde untersucht, wie effizient diese sind und welche Distanz bei einem Einsatz von 10.000 kWh erneuerbarer, elektrischer Energie zurückgelegt werden kann. Dabei zeigt sich, dass das BEV mit einer Gesamteffizienz von 74 Prozent deutlich vor dem BrennstoffzellenFahrzeug (30 Prozent) und dem Verbrenner mit EFuels liegt (15 Prozent).

Selbst bei einem Worst-Case-Szenario für BEV samt Zwischenspeicherung mit anschließender Rückverstromung sinkt die Gesamteffizienz nur auf 25 Prozent und ist damit noch immer wesentlich effizienter als die EFuelVariante.

Die Analysen zeigen deutlich, dass die batterieelektrische PkwMobilität auch unter Berücksichtigung von Rückverstromung und angenommenen Verlusten die mit Abstand effizienteste Technologie darstellt. Oft wird hier ins Treffen geführt, dass die erneuerbare Stromproduktion in anderen Gegenden der Welt – Stichwort Patagonien – viel effizienter sei und dass deswegen die Gesamteffizienz der EFuels mit dortiger Stromproduktion besser zu bewerten sei. In ihrer Analyse kommen die Autoren jedoch zum Schluss, dass für die Bestimmung des Gesamtwirkungsgrads das energetische InputOutputVerhältnis maßgeblich ist, nicht hypothetische Mehrproduktionen an anderen und zudem weit entfernten Orten der Welt.

Strombedarf für E-Fuels in Österreich übersteigt derzeitige Gesamtstromproduktion

Angeschaut haben sich die Analysten auch, welche Strommengen bei der Dekarbonisierung der PkwMobilität mittels BEV bzw. EFuels benötigt würden, und wie groß diese in Relation zur derzeitigen Stromproduktion sind. Sie kommen zu dem Schluss, dass der Strombedarf für die heutige Pkw-Flotte in Österreich bei der Umstellung auf E-Fuels in der Größenordnung der österreichischen Gesamtstromproduktion liegt. Sie weisen zugleich darauf hin, dass hinsichtlich des Energiesystems es nicht sinnvoll ist, erneuerbaren Strom als knappes Gut in Anwendungen wie die EFuelsNutzung in der PkwMobilität zu lenken, welche um den Faktor vier ineffizienter als bestehende, marktfähige Alternativen wie die batterieelektrische PkwMobilität sind.

Die Zukunft der synthetischen Kraftstoffe sehen die Autoren wegen des schlechten Wirkungsgrads etwa im Flugverkehr oder zum Antrieb schwerer Maschinen – vor allem wenn ein hoher Energiebedarf oder große Reichweiten nötig sind und nicht ohne Weiteres auf effiziente Elektromotoren umgestellt werden kann.

Derzeit ist eine Marktverfügbarkeit von E-Fuels jedoch noch nicht ansatzweise erkennbar. In relevanter Größenordnung konnten weltweit keine Produktionskapazitäten aufgezeigt werden. Zu bedenken ist auch, dass die Produktion von E-Fuels grundsätzlich mit vielen anderen Anwendungen in Konkurrenz steht, die Wasserstoff benötigen.

Für Deutschland berechnete beispielsweise das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), welchen Anteil des Bedarfs im Transportbereich E-Fuels abdecken könnten. Der Vergleich veranschaulicht das Problem: Sämtliche bislang weltweit bis 2035 angekündigten Projekte reichen nicht einmal ansatzweise, um die Nachfrage in der deutschen Luft- und Schifffahrt sowie der Chemiebranche zu decken.

Alle E-Fuels-Projekte zusammengenommen müssten um ein Zehnfaches höher sein, um allein Deutschland mit ausreichend E-Fuels zu versorgen – und das, ohne den Straßenverkehr überhaupt mitzurechnen. Für die weltweite Nachfrage ist das Angebot damit verschwindend gering.

Christoph Dolna-Gruber, Co-Autor des BMK-Berichts der Österreichischen Energieagentur über den Einsatz von grünen Treibstoffen in der Mobilität, sieht die Verordnung zu den europäischen Fottengrenzwerten ohnehin technologieoffen. „Sie schreibt keine Elektroautos vor, sondern sagt, dass ab 2035 neu zugelassene Pkw im Betrieb emissionsfrei sein müssen. Das können mehrere Antriebsarten.“

Unabhängig davon, wie sich die Antriebstechnologienkünftig entwicklen und welche letzlich das Rennen macht: für eine gute Klimabilanz aller dieser Technologien ist erneuerbarer Strom in allen Stufen der Bereitstellungskette unabdingbar. Daher ist ein beschleunigter Ausbau der Ökostromproduktion in Österreich und auch weltweit in jedem Fall unverzichtbar.