Kategorie Energie - 21. April 2020

Waldbrände um Tschernobyl ohne Auswirkungen auf Österreich

Stillgelegtes KKW Tschernobyl nicht gefährdet – in Österreich keine erhöhten Messwerte an radioaktivem Cäsium nachgewiesen

Update 29. APR 2020

Mit Stand 29. April 2020 konnten die Waldbrände in der Sperrzone um das ehemalige Kernkraftwerk Tschernobyl auf kleine Areale eingedämmt werden. Im Wesentlichen handelt es sich nur mehr um einzelne Schwelbrände.

Sowohl die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) als auch die ukrainischen Behörden haben nochmals bestätigt, dass das stillgelegte KKW durch die Brände nicht betroffen war und sicher ist.

In den ersten drei Aprilwochen wurden keine erhöhten Messwerte künstlicher radioaktiver Stoffe in Österreich nachgewiesen. Die vorläufigen Ergebnisse der gemessenen Luftfilter, über die vom 21. bis zum 27. April 2020 Luft gefiltert wurde, zeigen ebenfalls keine erhöhten Werte. Die endgültigen Ergebnisse für diesen Zeitraum liegen Anfang Mai vor.

Die Messwerte in Österreich und in anderen europäischen Staaten werden von der Abteilung Strahlenschutz im BMK weiter beobachtet.


 

Feuer in der Gegend um Tschernobyl sind keine Seltenheit. In den vergangenen Jahren ist es immer wieder auch zu größeren Waldbränden in diesem Gebiet gekommen, zuletzt 2015 und 2017. Als Ursache wird von den Behörden zumeist Brandstiftung vermutet. Auch dieses Jahr ist die Region in der Ukraine von Waldbränden betroffen. Zunächst hieß es, die Feuer in der sogenannten Sperrzone des ehemaligen Kernkraftwerks Tschernobyl seien gelöscht, es gebe keine unkontrollierten Brände mehr, nur noch Glutnester wären zu bekämpfen.

 

Der ukrainische Katastrophenschutz hatte das Ende vergangener Woche versichert. Doch inzwischen scheinen die Brände erneut entfacht. Über zwei Wochen lodert es im Sperrgebiet rund um das frühere KKW nun bereits. An die 1.400 Feuerwehrleute sind im Einsatz, Medien berichten von starkem Smog selbst in der etwa 70 Kilometer entfernten Hauptstadt Kiew, der auch von Waldbränden außerhalb der Sperrzone stammt. Die Rauchschwaden sind auch aus dem All zu sehen. Per Satellit sind die Brände gut erkennbar.

Aufnahmen der Satelliten Sentinel-2 der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) zeigen das Ausmaß der Brände. Die Mission ist Teil eines Notfallmanagement-Programmes der ESA, das bei Aktivierung auch brennende Gebiete zuverlässig kartieren kann. Dadurch können Einsatzkräfte ihre Arbeit besser planen.

Mit den aktuellen Bränden kamen auch Befürchtungen auf, die Flammen könnten zu erhöhter Radioaktivität führen und diese auch über ukrainisches Gebiet hinaus in andere Länder Europas tragen, doch bisher liegen die Messwerte im Normalbereich. Auch für Österreich sind keine erhöhten Werete feststellbar. Der Hintergrund: Am 26. April 1986 explodierte Block 4 des sowjetischen Kernkraftwerks Tschernobyl bei einem Sicherheitstest. Der Super-GAU gilt als schwerster Atomunfall in der Geschichte – bis heute ist das Gebiet um das ex-KKW radioaktiv verseucht.

Spuren von Cäsium-137 wurden in den letzten Tagen in der Ukraine an verschiedenen Orten, auch außerhalb der Sperrzone, nachgewiesen. Mit den verwendeten Messmethoden können selbst geringste Mengen radioaktiver Stoffe detektiert werden. Die in der Luft gemessenen Konzentrationen von Cäsium-137 sind jedoch so niedrig, dass sie im ukrainischen Strahlenfrühwarnsystem nicht nachgewiesen werden können.

© Ukrainischer Zivilschutz (SES)

Auch für die Haupstadt Kiew wurden trotz erheblichen Smogs infolge der Waldbrände keine erhöhten Strahlenwerte festgestellt. Die aktuellen Messdaten des ukrainischen Strahlenfrühwarnsystems sind über die europäische Datenplattform EURDEP zugänglich. Derzeit liegen auch keine Informationen zu Messwerterhöhungen in anderen Staaten vor.

Strahlenfrühwarnsystem und Monitoring Zur großräumigen Überwachung der Umwelt wird in Österreich ein Messsystem betrieben, das an über 300 Orten ständig die Radioaktivität in der Umwelt misst. Neben diesem Strahlenfrühwarnsystem wird der Radionuklidgehalt in Luft, Niederschlag und Gewässern sowie in Lebensmitteln und Trinkwasser regelmäßig im Labor untersucht. Die aktuellen Messwerte von 111 Stationen des Strahlenfrühwarnsystems können Sie auf dieser Webseite abrufen. Die hier angezeigten Stationen sind eine repräsentative und flächendeckende Auswahl von Standorten in allen Bezirkshauptstädten, Orten in Grenznähe sowie einigen Höhenstationen. Ein Teil dieser Werte ist seit vielen Jahren auch im ORF-Teletext (Seite 623) zu finden.

Keine Auswirkungen auf Österreich zu erwarten

Im Auftrag des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) betreibt die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) ein laborgestütztes Überwachungssystem, das auch die bodennahe Luft in Österreich kontinuierlich auf Radioaktivität überwacht. Dazu wird an verschiedenen Standorten in Österreich eine Woche lang bodennahe Luft über Luftfilter angesaugt. Danach werden die Luftfilter im Labor über mehrere Tage ausgewertet. Aufgrund der Empfindlichkeit der Labormessungen können selbst geringste Spuren radioaktiver Stoffe nachgewiesen werden.

Im Zeitraum vom 30. März bis zum 6. April 2020 wurden keine erhöhten Messwerte künstlicher radioaktiver Stoffe in Österreich nachgewiesen. Der Waldbrand in der Sperrzone von Tschernobyl hatte am 4. April 2020 begonnen. Die Ergebnisse der gemessenen Luftfilter, über die vom 6. bis zum 13. April 2020 Luft gefiltert wurde, zeigen ebenfalls keine erhöhten Werte, die über den normalen Schwankungsbereich hinausgehen. Auch die vorläufigen Ergebnisse für den Zeitraum 13. bis 21. April 2020 zeigen keine Erhöhungen.

Die Rolle der AGES im nuklearen Notfallmanagement zum Schutz der Bevölkerung: Die Strahlenschutz-Labore der AGES sind dafür vorbereitet, im Ernstfall (z.B. Kernkraftwerksunfall) innerhalb kurzer Zeit große Mengen möglicherweise hochkontaminierter Proben bearbeiten zu können. Die Organisation des Labors während eines nuklearen Notfalls, die Probenlogistik, der Schutz der Mitarbeiter und die Vermeidung von Querkontaminationen stehen dabei im Mittelpunkt und werden regelmäßig trainiert. Die Messergebnisse werden an die zuständigen Stellen weiter geleitet und dienen als Basis für die Information der Bevölkerung und das Ergreifen von Schutzmaßnahmen. ExpertInnen des Geschäftsfeldes Strahlenschutz sind außerdem in der Notfallplanung auf Bundes- und Landesebene eingebunden.

Die Messwerte werden von der AGES und von der Abteilung Strahlenschutz im BMK weiter beobachtet. Sollten Messwerterhöhungen in der bodennahen Luft auftreten, finden Sie Informationen auf der Homepage des BMK unter www.bmk.gv.at.

Die Messergebnisse in anderen europäischen Staaten werden von der Abteilung Strahlenschutz im BMK ebenfalls weiter beobachtet.

Strahlenschutz & Atomenergie Kernkraftnutzung zur Energiegewinnung ist nicht nachhaltig. Die österreichische Kernenergiepolitik ist durch die Einsicht geprägt, dass die Kernenergie nicht mit den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung in Einklang zu bringen ist. Die österreichi­sche Kernenergiepolitik ist auch von der Überzeugung getragen, dass die Kernenergie keine kostengünstige und tragfähige Option zur Bekämpfung des anthroprogenen Treibhauseffekts darstellt. Der Strahlenschutz in Österreich fällt nun auch in die Agenda des BMK, StrahlenschutzexpertInnen des Ministeriums arbeiten für den Schutz der österreichischen Bevölkerung und der Umwelt.