Kategorie Innovation & Technologie - 3. Oktober 2016

Weltraumtechnologien prägen unseren Alltag

APA Gastkommentar – Was haben treffsichere Wettervorhersagen, Navigationsprogramme und ein Internetzugang am Ende der Welt gemeinsam? Sie funktionieren über satellitengestützte Systeme und machen damit deutlich, welche Rolle die Weltraumforschung im Alltag der Menschen spielt. Nicht wenige Weltraumtechnologien kommen aus Österreich, das als kleines aber innovationsstarkes Land eine wichtige Position in der Europäischen Weltraumagentur (ESA) einnimmt.

Ein Vierteljahrhundert ist es nun her, seit mit Franz Viehböck der erste – und bislang auch einzige – Österreicher in den Weltraum gelangte. Austromir war unser größtes Weltraumprojekt und ein Meilenstein in der österreichischen Weltraumgeschichte. Dass sich der Aufwand gelohnt hat, zeigt sich in der Expertise, die wir dabei sammeln und in der Folge weiterentwickeln konnten. Insbesondere in den Feldern Erdbeobachtung und Telekommunikation hat Österreich beträchtliches Know-how aufgebaut. Diese beiden Säulen des österreichischen Engagements im Weltraum müssen auch künftig gestärkt werden, um international relevante Erkenntnisse zu ermöglichen. Parallel dazu soll aber auch die Entwicklung von Querschnitttechnologien forciert werden – Technologien also, die mit kleinen Anpassungen bei verschiedenen Satellitenmissionen eingesetzt werden können. Was aber, so wird sich mancher fragen, bringt das der Gesellschaft? Können diese Technologien das Leben auf der Erde verbessern, oder geht es hier nur um die Befriedigung wissenschaftlichen Entdeckerdrangs?

Dass die Entwicklung weltraumrelevanter Systeme keine Top-down-Angelegenheit und Weltraumforschung durchaus keine abgehobene Angelegenheit ist, die mit den Bedürfnissen der Bevölkerung nichts zu tun hat, zeigt ein Blick auf moderne Weltraumtechnologien im Alltag. Telekommunikation, Navigation oder zuverlässige Wetterprognosen wären ohne Satelliten nicht möglich. Die meisten Fernsehprogramme werden via Satellit verteilt, und infrastrukturschwache Regionen können über Nachrichtensatelliten mit Internet versorgt werden. Weltraumminister Jörg Leichtfried verfügt mit der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG über die zentrale „Andockstation“ zur internationalen Raumfahrtszene für die heimische Wirtschaft und Wissenschaft. Die FFG setzt die nationale Luft- und Raumfahrtpolitik um und vertritt Österreich in den entsprechenden internationalen Gremien wie etwa der ESA. Seit 1987 ist Österreich Vollmitglied der ESA und Österreicher zeichnen in verschiedenen Funktionen verantwortlich und setzen jene Interessen um, die die für Weltraum politisch zuständigen Minister einbringen und definieren.

Angesichts der zunehmenden Kommerzialisierung der Weltraumtechnik durch die USA steht ganz vorne auf der Agenda des ESA-Rates, dessen Vizevorsitzender ich zurzeit bin, eine nachhaltige Stärkung der europäischen Industrie- und Forschungspartner in ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Ziel ist vor allem die Entwicklung einer konkurrenzfähigen europäischen Rakete, mit der sich Europa einen unabhängigen Zugang zum Weltraum schaffen kann. Auch für Österreich ist die „Ariane 6“ ein spannendes und zukunftsträchtiges Projekt, weshalb wir die entsprechenden Unternehmen und Forscher in die jeweiligen Konsortien bringen wollen. Da gibt es zwar eine enorme Konkurrenz, doch die österreichische Expertise macht uns zuversichtlich.

Gegenwärtig befinden sich etwa 1.400 Satelliten aus verschiedenen Ländern der Erde im All. Es werden noch Tausende dazukommen – allein um die Bevölkerung in allen Weltgegenden mit Internetzugängen zu versorgen. All diese Satelliten müssen ins All transportiert werden, und zwar möglichst kostengünstig und sicher. Mit ihrer Falcon-9-Rakete wollte die US-Firma SpaceX das erforderliche Vehikel dafür präsentieren, scheiterte damit vor zwei Jahren aber schon beim Start. Mittlerweile wurde von den USA ein modifiziertes Modell erneut auf den Weg zur Raumstation ISS geschickt. Natürlich wollen auch die Europäer ihre wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Chancen im All nutzen und forcieren deshalb die Entwicklung der „Ariane 6“, die schon in wenigen Jahren abheben könnte. Seitens der österreichischen Industrie ist das Interesse jedenfalls groß, unter unseren Wirtschaftspartnern findet sich eine Reihe großer Namen von Magna Steyr über TTTech bis zu Luftfahrtzulieferern wie Böhler. Auch in der ESA ist unser kleines Land bestens vertreten – das zeigt sich etwa in der Bestellung des österreichischen Meteorologen und Geophysikers Josef Aschbacher zum ESA-Direktor für Erdbeobachtung. Insgesamt also eine erfreuliche Bilanz, die unser Land in Sachen Weltraum vorzuweisen hat.

Dr. Klaus Pseiner, Geschäftsführer der FFG © Petra Spiola

Dr. Klaus Pseiner, Geschäftsführer der FFG
© Petra Spiola

ZUR PERSON: Klaus Pseiner, Geschäftsführer der FFG und Vizevorsitzender des ESA-Rats Klaus Pseiner ist seit ihrer Gründung im Jahr 2004 Geschäftsführer der FFG und zurzeit Vizevorsitzender des ESA-Rats. 1989 leitete der promovierte Biologe die Strategische Technologieplanung des European Space Research and Technology Centre an der ESA. Als Geschäftsführer der Austrian Space Agency (ASA) war er 1998 für den Aufbau von technischen und programmatischen Kernkompetenzen sowie die Etablierung der ASA verantwortlich. Im Mai wurde Pseiner für seine Verdienste um die Forschungsförderung das große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen.