Kategorie Klima- & Umweltschutz - 27. September 2023

Welttag gegen Lebensmittelverschwendung: »Nix übrig für Verschwendung«

Der 29. September ist von den Vereinten Nationen zum Welttag gegen Lebensmittelverschwendung ausgerufen worden. Ertsmals wurde 2020 dieser Tag begangen, um darauf aufmerksam zu machen, dass global gesehen rund ein Drittel aller für den Verzehr produzierten Lebensmittel im Abfall landet. Laut Umweltbundesamt beträgt in Österreich die Menge an vermeidbaren Lebensmittelabfälle rund 800.000 bis zu einer Million Tonnen, wovon die österreichischen Haushalte jährlich rund 229.000 Tonnen vermeidbare Lebensmittelabfälle nur über den Restmüll entsorgen.

Dadurch werden nicht nur wertvolle Ressourcen vergeudet, sondern es sind damit enorme Belastungen für Natur und Umwelt verbunden, zudem gilt Lebensmittelverschwendung als regelrechter Treiber für den menschengemachten Klimawandel. Das Problem der Lebensmittelverschwendung ist also nicht nur aus ethischer Sicht verwerflich, sondern hat auch für das Klima gravierende Folgen. Eine im Fachmagazin Nature Food veröffentlichte Studie zeigt auf, dass die Hälfte der weltweiten Treibhausgasemissionen aus der Lebensmittelproduktion demnach allein auf Abfälle und Verluste zurückgeht und insgesamt 9,3 Milliarden Tonnen CO₂-Äquivalente ausmacht – zusammengenommen etwa den jährlichen Emissionen der USA und der Europäischen Union entsprechend.

Lebensmittelabfälle entstehen entlang der gesamten Wertschöpfungskette, wobei im Haushaltsbereich tatsächlich der größte Anteil anfällt. Aber auch bei der Außer-Haus-Verpflegung gibt es ein vergleichsweises großes Vermeidungspotential. So wird etwa in Krankenhäusern  durchschnittlich ein Drittel der ausgegebenen Essensmenge aus unterschiedlichsten Gründen als Lebensmittelabfall entsorgt.

Lebensmittelverschwendung als Klimakiller

Laut Berechnung der Initiative United Against Waste entstehen so auf alle 264 Krankenhäuser in Österreich hochgerechnet pro Jahr rund 20.000 Tonnen Lebensmittelabfall, was einem Warenwert von über 100 Millionen Euro entspricht. Angesichts gestiegener Einkaufspreise für Großküchen um rund 41 Prozent in den vergangenen beiden Jahren liegt der durchschnittliche Warenverlust dadurch bei rund 421.000 Euro pro Jahr und Haus, abhängig von Größe und Struktur des Standorts. Mit dieser Menge an Lebensmitteln könnte den Berechnungen zufolge die Bevölkerung einer mittelgroßen Stadt mit rund 17.000 Einwohner:innen zwei Jahre ernährt werden.

Auch hier ist die extreme Wirkung als Klimatreiber offenbar: Die CO2-Emissionen, die allein in diesem Bereich durch unnötige Lebensmittelabfälle entstehen, würden rund 99.000 Flügen von Wien nach Stockholm und retour entsprechen.

Österreich hat sich dem UN-Nachhaltigkeitsziel verpflichtet, vermeidbare Lebensmittelabfälle bis 2030 zu halbieren. Das Klimaschutzministerium (BMK) und die Stadt Wien unterstützen daher Programme von United Against Waste, die Betriebe der Gemeinschaftsverpflegung, Gastronomie und Hotellerie bei der Reduktion von vermeidbaren Lebensmittelabfällen begleiten.

„Lebensmittelverschwendung ist schlecht für die Umwelt und für unser Klima. Das Vermeiden von Lebensmittelabfällen und die Weitergabe von genussfähigen Lebensmitteln sind daher das Gebot der Stunde. Das hilft wertvolle natürlichen Ressourcen zu schonen und ist auch wirtschaftlich sinnvoll. Deshalb sagen wir mit zahlreichen Initiativen der Lebensmittelverschwendung den Kampf an und ich freue mich, dass wir Jahr für Jahr mehr Lebensmittel vor der Tonne bewahren“, so Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.

Tatsächlich ist Lebensmittelabfallvermeidung in Krankenhäusern nicht einfach: Täglich werden tausende Patientinnen und Patienten, aber auch Mitarbeitende verpflegt. Das laufende Kommen und Gehen, Abwesenheiten durch Operationen und der unterschiedliche Gesundheitszustand von Patientinnen und Patienten machen die Verpflegungslogistik komplexer als in anderen Bereichen der Großküchen.

Am Foto v.l.n.r.: Karin Wohlfarter, Stabstellenleitung Nachhaltige Produktentwicklung kulinario, Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, Stephan Auer-Stüger, Stv. Ausschuss-Vorsitzender für Klima, Umwelt, Demokratie und Personal und Wiener Gemeinderat, © Daniel Auer

Wo die konkreten Ursachen von Lebensmittelabfällen und die größten Hebel zur Reduktion liegen, kann von Krankenhaus zu Krankenhaus unterschiedlich sein. Zusammen mit der Initiative United Against Waste gehen Großküchenbetreiber den Ursachen auf den Grund. Als Ausgangslage dient ein regelmäßiges Abfallmonitoring, das einen Überblick über die monatlichen Lebensmittelabfallmengen gibt und einen österreichweiten Vergleich mit anderen Krankenhausstandorten ermöglicht. Zu den Partner:innen zählt auch die Vinzenz Gruppe mit dem Orthopädischen Spital Speising – dort werden täglich rund 1300 Essensportionen vom kulinario® Küchenteam gekocht. „In der Vinzenz Gruppe wird das Thema Nachhaltigkeit auf allen Ebenen und Unternehmensbereichen forciert. Durch die Kooperation mit United Against Waste setzen wir ein wichtiges Zeichen für eine gesunde und ressourcenschonende Zukunft.“, erzählt Michael Heinisch, Geschäftsführer der Vinzenz Gruppe.

Karin Wohlfarter vom Anbieter kulinario berichtet: „Wir sind auf Ursachenforschung gegangen und haben bei Komponenten wie Salat, Milch, Gebäck oder Kompott die Tellerrückläufe genau erfasst.“ Danach wurden Menüpläne und Rezepturen angepasst und Bestandteile, die häufig übrig blieben, ersetzt. Durch Menüplanung könne man zum Beispiel Gemüsereste für Suppenfonds verwenden oder Übermengen weiterverarbeiten wie Brot zu Knödelteig. Der Verlustgrad sei in Speising von 2018 auf 2022 um ein Viertel reduziert worden. Der kulinario-Standort Seilerstätte/Barmherzige Brüder Linz habe mit einem Verlustgrad von 13 Prozent überhaupt den besten Wert in ganz Österreich.

Um diesen Verlustgrad österreichweit nachhaltig zu senken, sei auch Bewusstseinsbildung bei den Patientinnen und Patienten nötig. So erleichtere „bewusstes Bestellen bzw. Abbestellen“ sowie eine „klare Kommunikation“ die Menüplanung in Großküchen. „Es ist wichtig, auch die Mitabeiterinnen und Patientinnen in die Bemühungen um Lebensmittlabfallvermeidung miteinzubeziehen. Denn egal ob beim Essen auswärts oder als Konsument:in zu Hause – jeder und jede von uns kann einen Beitrag leisten, damit weniger Lebensmittel in der Tonne landen“, so Stephan Auer-Stüger, Wiener Gemeinderat und Vorsitz-Stellvertreter im Ausschuss für Klima und Umwelt. Die Stadt Wien unterstützt auch heuer die Aktionstage ‚Nix übrig für Verschwendung‘, an denen sich 66 Wiener Großküchen beteiligen. Österreichweit nehmen 187 Großküchenstandorte an den Aktionstagen gegen Lebensmittelverschwendung teil.

Supermärkte müssen künftig melden, wie viele Lebensmittel sie wegwerfen & spenden