Kategorie Innovation & Technologie - 25. September 2018

Europäischer Radgipfel tagt in Salzburg

400 Teilnehmer bei Vorträgen und Diskussionen zur Verbesserung des Radverkehrs

Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel. Nachdem der EU-Gipfel in Salzburg über die Bühne gegangen ist, startete am Montag gleich der Europäische Radgipfel im Salzburger Kongresshaus. Unter dem Motto „Radkultur bewegt“ begrüßt die Stadt Salzburg vom 24. bis 26. September als Gastgeberin des Europäischen Radgipfels 2018 radbegeisterte Gäste und ExpertInnen aus der ganzen Welt.

3 Tage Radfahrkultur im Fokus

Im Rahmen der dreitägigen Veranstaltung stehen die Förderung des Radverkehrs wie auch das Fortbewegungsmittel Fahrrad in all seinen Facetten im Mittelpunkt. Rund 400 Menschen aus 20 Ländern haben sich für die Fachvorträge und Diskussionen angemeldet.

 

Veranstaltet wird der Europäische Radgipfel gemeinsam von Stadt und Land Salzburg in Kooperation mit der Klimaschutzinitiative klimaaktiv mobil des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) sowie dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT).

„Der Radverkehr ist eine maßgebliche Säule einer nachhaltigen, umweltfreundlichen Mobilitätszukunft. Wir in Österreich haben uns deshalb im Rahmen der Klima- und Energiestrategie, der #mission2030, ambitionierte Ziele gesetzt. Veranstaltungen wie dem Radgipfel kommt eine maßgebliche Rolle zu, das Bewusstsein dafür weiterhin zu schärfen. Umso mehr freut mich auch die diesjährige Erweiterung auf europäische Ebene – so kann gemeinsam an der ‚Zukunft Radverkehr‘ gearbeitet werden.“ unterstreicht Bundesministerin Elisabeth Köstinger die Bedeutung der Veranstaltung.

Standesgemäße Anreise

Einen eher ungewöhnlichen, aber durchaus standesgemäßen Weg der Anreise zum Radgipfel wählten fünf Wagemutige in einer ganz besonderen Aktion: Über 365 Kilometer und in vier Etappen fuhren sie als VertreterInnen der vom BMVIT geförderten und von der AustriaTech begleiteten Urbanen Mobilitätslabore zum #radgipfel2018 von Wien nach Salzburg.

 

Passend zur Europäischen Mobilitätswoche erfolgt die Anreise mit klimaschonenden E-Lastenrädern, auf denen nicht persönliches Gepäck sondern auch gleich alle Materialen für die Messestände transportiert wurde.

Die Mobilitätslabore aspern mobil LAB, Thinkport Vienna und MobiLab Oberösterreich nahmen diese klimaaktive Herausforderung ganz sportlich an und wurden pünktlich zur Eröffnung des Cycling Summits am Montagabend in Salzburg empfangen.

Einblicke in die Reise gibt es im zugehörigen Blog unter http://thinkportvienna.blogspot.com/.

Verbesserung des Radverkehrs in Europa

Der Europäische Radgipfel 2018 reiht sich in die Tradition des jährlich stattfindenden österreichischen Radgipfels ein. Durch den österreichischen EU-Ratsvorsitz im zweiten Halbjahr 2018 wurden zum diesjährigen Radgipfel gezielt auch ReferentInnen und Teilnehmende aus ganz Europa eingeladen, Radkultur in Salzburg zu erleben und neue Möglichkeiten und Chancen für die nachhaltige, klimaschonende und gesundheitsfördernde Fortbewegung auf zwei Rädern zu erörtern.

Ergänzt wird das umfangreiche Informationsrepertoire durch einen Ausstellungsbereich, verschiedene Rad-Exkursionen, eine Fahrradparade und ein attraktives Rahmenprogramm. Inhaltlich spannt sich der Bogen der Vortragenden von Motivationskampagnen für Firmen und Kommunen über Vor- und Nachteile von Radverleihsystemen bis zu Best-Practise-Beispielen aus verschiedenen Ländern und Gemeinden.

Der Radgipfel ist eine der Maßnahmen, die die Stadt Salzburg in ihrer Radverkehrsstrategie 2025+ festgeschrieben hat. Noch 150 Einzelmaßnahmen zur Verbesserung des Radverkehrs stehen auf der Agenda der Stadt für die kommenden drei Jahre. Gefahrenstellen sollen ausgeräumt werden, Radwege verbreitert werden und in Kreisen die Stadtteile besser verbinden. Zuletzt wurden die Salzach-Kais als Fahrradstraßen ausgewiesen. Diese geben Radfahrern Vorrang. Das Radbudget der Stadt wurde auf zwei Millionen Euro verdoppelt. Auch das Land Salzburg will den Radverkehr stärker Einbinden.

Best Practice Beispiel Salzburg

Neben ausreichend Gelegenheit zu Erfahrungsaustausch und Vernetzung mit Fachleuten aus Wissenschaft, Verwaltung, Interessensverbänden sowie innovativen Unternehmen bietet der Europäische Radgipfel 2018 die einmalige Gelegenheit, in Österreichs Fahrradhauptstadt Salzburg internationale ExpertInnen sowie lokale Kompetenztragende aus dem Radverkehrsbereich zu treffen.

Räder am Salzburger Hauptbahnhof. © BMVIT/Salmhofer

Die Entwicklung des Radverkehrs und die Erweiterung des Angebots für Pedalfans wird in Salzburg schon seit geraumer Zeit stark forciert: Mit der 2017 einstimmig im Gemeinderat beschlossenen Radverkehrsstrategie 2025+ hat sich die Stadt konkrete Ziele für die Attraktivierung des Radverkehrs gesetzt. Der Anteil der mit dem Rad zurückgelegten Fahrten in der Stadt soll von 20 auf 24 Prozent gesteigert werden.

Im Zuge des Europäischen Radgipfels 2018 wird diesem Fokus nun noch einmal Nachdruck verliehen. Dies unterstreicht auch der Bürgermeister der Gastgeberstadt, Harald Preuner: „Seit mehr als 30 Jahren wird die städtische Rad-Infrastruktur sukzessive erweitert und weist heute an die 200 km Radwege und andere moderne Radinfrastruktur aus. Ein gutes Angebot ist Grundvoraussetzung dafür, die Leute dazu zu motivieren, noch mehr auf das Rad umzusteigen. Mit dem Beschluss der ´Radverkehrsstrategie 2025+‘ wollen wir das Fahrrad zum attraktivsten Verkehrsmittel in der Stadt machen. Der europäische Radgipfel ist ein wichtiger Impulsgeber für die Radstadt Salzburg, denn unser Motto für die nächste Jahre ist: Fahr besser. Fahr einfach Rad.“

Radverkehrssicherheit

Auch die Sicherheit beim Radfahren soll im Zuge des Radgipfels in den Fokus gerückt werden. Hauptansatzpunkt ist natürlich der Verweis auf das Tragen von Radhelmen. Während ältere Radfahrerinnen und Radfahrer entscheiden können, ob sie einen Fahrradhelm tragen wollen oder nicht, besteht in Österreich eine Helmpflicht für alle Kinder bis 12 Jahren. Ein wohl immer noch nicht ausreichend bekannter Teil der hiesigen Straßenverkehrsordnung.

Deshalb führen das Verkehrsministerium und die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt AUVA österreichweit Radworkshops in Volksschulen durch, um für die Sicherheit beim Radfahren, eine gute Ausrüstung des Rades, die Helmpflicht zum Schutz des Kopfes und das praktische Fahrtraining zu werben. Erst wenn Kinder das Radfahren sicher beherrschen, können sie sich auf den Straßenverkehr konzentrieren.

395 Einsatztage in 225 Volksschulen wird es dank der AUVA, dem Verkehrssicherheitsfonds und den Länderpartnern Niederösterreich, Steiermark, Kärnten, Burgenland, Salzburg und Tirol 2018 geben. Die Kosten für 80 davon werden vom BMVIT übernommen.

Trotzdem rät das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) allen Radfahrerinnen und Radfahrern, ganz gleich welchen Alters, dringend einen geeigneten Fahrradhelm zu tragen. Denn selbst ein Sturz mit geringer Fahrgeschwindigkeit kann so unglücklich verlaufen, dass ein Helm Leben retten kann.

Darüber hinaus ist die Infrastruktur und das Miteinander im Straßenverkehr entscheidend für die Sicherheit und Akzeptanz des Radverkehrs. Enge Gassen, mangelnde Seitenabstände überholender Autos, abrupt geöffnete Autotüren, eine Kreuzung und das plötzliche Ende des Radwegs: alltägliche Situationen des Radverkehrs, die auch immer öfter im Mittelpunkt von Forscherinnen und Forscher stehen.

So hat das IT-Forschungsinstitut Salzburg Research eine Naturalistic-Cycling-Studie, also eine Radfahrstudie unter natürlichen Fahrbedingungen, durchgeführt. Im Gegensatz zu Laborstudien stehen hier Radfahrerinnen und Radfahrer auf ihren alltäglichen Wegen im Straßenverkehr per App unter Beobachtung. In den letzten Jahren wurde diese Methode in mehreren Ländern erprobt, um die Interaktionen von Radlerinnen und Radlern mit ihrer Umgebung zu analysieren.

Vor diesem Hintergrund widmet sich auch ein neues Forschungsprojekt, Bicycle Observatory – Am Puls des Radverkehrs, der multimedialen Datenauswertung zum Radverkehr. Wo und wann sind wie viele und welche RadfahrerInnen unterwegs? Welche Variablen beeinflussen den Radverkehr? Wie können die sehr unterschiedlichen Ansprüche und Verhaltensweisen von RadfahrerInnen erfasst und gezielt angesprochen werden? Bis September 2020 sollen unter anderem diese Fragen von einem interdisziplinären Projektkonsortium gemeinsam mit vielen Partnern erforscht werden.

Das Forschungsprojekt wird ebenfalls vom BMVIT im Programm „Mobilität der Zukunft“ gefördert und soll durch die Zusammenführung von technischen Sensor- und sozialwissenschaftlichen Erhebungsdaten ein mehrdimensionales, räumlich differenziertes Lagebild des Radverkehrs konzipieren und damit den Radverkehr als Gesamtsystem verstehen.

Eine besonders perfide Falle auch für Radfahrende sind die Totwinkelunfälle beim Abbigen großer Fahrzeuge an städtischen Kreuzungen. Um Todesopfer bei Unfällen mit schweren Lkw oder Bussen beim Abbiegen zu verringern, läuft derzeit noch immer das Pilotprojekt des Kamerasystems „Mobileye“. Es soll für für Rundumsicht bei Bussen und Lkw sorgen und den toten Winkel eliminieren, der für andere Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer lebensgefährlich sein kann. Noch diesen Herbst ist mit der wissenschaftlichen Auswertung sowie ersten Ergebnissen des von der TU Graz geleiteten Projekts zu rechnen.

Auch ein Projekt der TU Berlin ist auf diesem Weg und hat mit SimRa: Sicherheit im Radverkehr sowie der Idee einer Citizen-Science-App vor, reale Gefahrenpunkte für RadfahrerInnen in der Stadt frühzeitig erkennen und dadurch effizient beheben zu können. So kann der Radverkehr quasi in Echtzeit zu mehr Sicherheit und damit auch zu mehr Attraktivität gelangen.

Fotowettbewerb

Hingewiesen sei auch darauf, dass erstmals in diesem Jahr auch ein „Best Video“ bzw. „Best Photo“-Award zum Thema „Radkultur bewegt“ vergeben wird: Sämtliche Fotos und Videos, die bis zum 14. September 2018 mit dem Hashtag #radgipfel2018 versehen und auf Instagram oder Twitter geteilt wurden, nehmen am Wettbewerb teil. Die besten Einreichungen schaffen es in die Plenarsessions des Radgipfels, in denen die SiegerInnen durch ein Publikumsvotum gekürt werden. Als Hauptpreis winkt ein Biker-Wochenende im Salzburger Land.

Service: Livestreaming vom Gipfel

INFObox: Zur Umsetzung des österreichischen Masterplans Radfahren 2015-2025 findet jährlich ein Radgipfel als nationaler Radkongress statt. Der Radgipfel wird vom jeweiligen Austragungsort (Gemeinde) und Austragungsbundesland mit Unterstützung des BMNT und BMVIT veranstaltet und findet seit 2007 jährlich statt. Der Europäischer Radgipfel 2018 – Unter dem Motto „Radkultur bewegt“ traf sich die nationale und europäische Fahrrad-Community vom 24. bis 26. September 2018 in Salzburg.