Kategorie Klima- & Umweltschutz - 1. März 2021

»Alarmstufe Rot« – Klimapläne laut UN-Bericht hinter den Erwartungen

Eine rekordverdächtige Hitzewelle wurde vergangene Woche in Europa aufgezeichnet, mit teils mehr als 12°C über durchschnittlichen Normalwerten und von Kroatien bis Schweden mit der Pulverisierung bestehender Höchstwerte. Auch für Österreich bilanziert die ZAMG: Der Winter 2020/21 war einmal mehr zu warm. Im Tiefland war es dabei um 0,8 Grad wärmer als im Mittel der letzten 30 Jahre (Klimaperiode 1991-2020) und um 1,9 Grad wärmer als in der Klimaperiode 1961-90. Auf den Bergen lag die Abweichungen bei +0,5 Grad (zur Klimaperiode 1991-2020) und +1,6 Grad (zur 1961-1990). Insbesondere bei der frühlingshaften Witterung in der zweiten Februarhälfte habe es sich um ein Extrem gehandelt.

© Global 2000

Alarmierende Zahlen in einer Tour. Eine zu warme Saison folgt auf die nächste. Und das auch im globalen Schnitt. Eine so rasche Erwärmung hat der Globus noch nie erlebt. Dass dies der Mensch verursacht hat, ist wissenschaftlich erwiesen. Sind die anvisierten Pläne, den rasanten und menschengemachten Temperaturanstieg des Planeten etwas einzudämmen überhaupt noch haltbar? Bis zum 1,5-Grad-Ziel liegt ein weiter und anscheinend auch steiniger Weg.

2015 haben sich 196 Parteien im Pariser Klimaabkommen darauf geeinigt, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 bis zwei Grad im Vergleich zu der Zeit vor der Industrialisierung zu begrenzen. Dafür müssen massiv Treibhausgase eingespart werden. Doch die nationalen und internationalen Pläne zur Umsetzung lassen teils stark zu wünschen übrig, zeigt eine aktuelle Auswertung des Uno-Klimasekretariats.

Die aktualisierten Klimapläne der Vertragsstaaten des Pariser Abkommens bleiben demnach bisher weit hinter den Erwartungen zurück. Obwohl die Frist für die Aktualisierung am 31. Dezember abgelaufen ist, haben viele Länder noch nichts vorgelegt. Und diejenigen, die es getan haben, wollen teilweise nur das tun, was sie schon vor Jahren zugesagt hatten – oder noch weniger.

„Im Moment ist es so, als würden wir blind in ein Minenfeld laufen“, sagte die Generalsekretärin des UN-Klimasekretariats in Bonn, Patricia Espinsosa. UN-Generalsekretär Antonio Guterres warnte: „Der heutige Zwischenbericht des UN-Klimasekretariats ist Alarmstufe Rot für unseren Planeten.“ Im Pariser Klimaabkommen verpflichten sich zwar fast alle Staaten der Welt, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad, besser 1,5 Grad zu begrenzen. Doch was das für jedes einzelne Land bedeutet, sagt der Vertrag nicht. Das darf jede Regierung selbst festlegen. Das Pariser Abkommen sieht vor, dass jedes Land seine Pläne alle paar Jahre nach oben hin angepasst.

Am Freitag veröffentlichten die UN eine Berechnung aufgrund der aktualisierten Klimapläne, die von den Vertragsstaaten bis Ende 2020 eingereicht werden mussten. Das haben aber nur 75 Länder getan, die insgesamt nur für 30 Prozent der globalen Treibhausemissionen verantwortlich sind. Andere ließen die Frist verstreichen.

Die Berechnung aufgrund der bisher vorliegenden Daten ist den UN zufolge niederschmetternd: Es würde sich nur eine Verringerung des schädlichen CO2-Ausstosses von einem Prozent bis 2030 im Vergleich zu 2010 ergeben. Nach Berechnungen des Weltklimarats wären für das 1,5-Grad-Ziel aber 45 Prozent und für das 2-Grad-Ziel 25 Prozent weniger Emissionen nötig.

Einige Staaten haben sich tatsächlich ambitioniertere Ziele gesetzt. Dazu gehören die Länder der Europäischen Union, Großbritannien, Norwegen, die Ukraine, Argentinien, Chile und Kenia. Andere Staaten wie die Schweiz, Japan, Südkorea, Russland, Australien und Neuseeland haben dagegen ihre vorigen Ziele von 2015 faktisch nicht erhöht. Brasilien ist sogar hinter seine früheren Zusagen zurückgefallen.

Von den USA und China – den beiden Ländern mit dem größten CO2-Ausstoß – werden in den nächsten Wochen aktualisierte Pläne erwartet. Der neue US-Präsident Joe Biden hat dies für den 22. April angekündigt. Er hatte den von seinem Vorgänger Donald Trump beschlossenen Austritt des Landes aus dem Pariser Klimaabkommen rückgängig gemacht.

UN-Klimachefin Espinosa betonte, der derzeitige Bericht sei nur eine „Momentaufnahme, nicht das ganze Bild“. Die Corona-Pandemie habe die rechtzeitige Einreichung der aktualisierten Pläne erschwert. Deshalb werde es vor dem nächsten Weltklimagipfel im November im schottischen Glasgow noch einmal einen neuen Bericht geben. Dafür sei es wichtig, dass alle Länder, die ihre Ziele bisher noch nicht angepasst hätten, dies jetzt so schnell wie möglich nachholten.

„Man muss sagen, dass wir eine riesige Lücke haben“, kommentierte der Klimaforscher Niklas Höhne die Ergebnisse. Die EU und andere Länder, die pünktlich verbesserte Pläne eingereicht hätten, seien positiv zu nennen. Sehr enttäuschend sei dagegen das Verhalten Brasiliens oder auch Mexikos. „Ich hoffe sehr auf die USA“, sagte Höhne. Auch die Pläne von China und Indien stünden noch aus. „Wenn diese drei Länder etwas vorschlagen, wird sich signifikant etwas verändern.“

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