Kategorie Klima- & Umweltschutz - 15. Dezember 2020

CO2-Speicher: Der Wald als Klimaschützer – aber wie lange noch?

Normalerweise sind Bäume und Wälder eine wirksame Waffe gegen den Klimawandel: Sie ziehen das Kohlendioxid (CO2) aus der Luft,  lagern den Kohlenstoff (C) im Holz und im Waldboden ein und setzen den Sauerstoff (O2) wieder frei. Normalerweise. Gerade der größte dieser Treibhausgas-Puffer, der tropische Regenwald in Amazonien und Afrika, absorbiert laut Wissenschaftlern aber immer weniger Kohlendioxid.

Auch die zunehmende Zerstörung des brasilianischen Amazonas-Regenwaldes rüttelt an diesem Status. Die Wälder im Amazonas Becken gelten als grüne Lunge der Erde und haben enorme Bedeutung für das Weltklima. 2020 könnte nun das zerstörerischste Jahr für den größten Regenwald der Erde werden, warnen Umweltschutzorganisationen. Durch Abholzung und Rekord-Waldbrände sind heuer abermals riesige Flächen Wald praktisch ausradiert worden. Abgebrannte, abgeholzte oder abgestorbene Bäume nehmen jedoch kein CO2 mehr auf, das Treibhausgas gelangt wieder in die Atmosphäre.

Bisher gingen viele Klimamodelle davon aus, dass der Speichereffekt gerade von Regenwäldern noch über Jahrzehnte anhalten wird. Laut Schätzungen binden Regenwälder weltweit etwa 250 Milliarden Tonnen CO2. Das entspricht dem 90-fachen der aktuellen globalen menschengemachten Treibhausgas-Emissionen pro Jahr. In den Neunzigerjahren konnten intakte Regenwälder noch 17 Prozent der menschengemachten CO2-Emissionen abfedern, mittlerweile sind es laut den aktuellen Berechnungen nur noch etwa sechs Prozent. Das liegt laut den Forschenden daran, dass der Anteil intakter Regenwälder um fast ein Fünftel gesunken ist, während die weltweiten CO2-Emissionen um fast die Hälfte zugenommen haben.

Dabei kann zusätzliches CO2 das Wachstum von Pflanzen sogar anregen. Durch Fotosynthese wandeln sie Kohlendioxid mithilfe des Blattgrüns Chlorophyll, Sonnenlicht und Wasser in Zucker um – mit dem Pflanzen ihre Zellen bilden. Doch der Düngereffekt greift offenbar nicht mehr und wird zunehmend von negativen Einflüssen unterminiert: Steigende Temperaturen, Trockenheit und Naturkatastrophen verlangsamen das Wachstum oder führen gar zum Tod von Bäumen. Zudem werden sie anfälliger für Schädlinge.

Care4Paris untersucht CO2-Speicherpotential

Auch der österreichische Wald ist von diesen Auswirkungen des globalen Klimawandels arg betroffen und wird dessen Beitrag zum Klimaschutz deutlich beeinflussen. Mit der zunehmenden durchschnittlichen Temperatur sinkt die Speicherkapazität, notwendige Anpassungsmaßnahmen beeinflussen wirtschaftliche Erträge aus dem Rohstoff Holz. Und wird weniger Holz als Ersatz für fossile Rohstoffe verwendet, bedeutet dies zusätzliche Emissionen von fossilem Kohlenstoff in die Atmosphäre. Fazit: Die Treibhausgasbilanz des Waldes könnte auch in Österreich künftig deutlich schlechter ausfallen.

 

Welchen Beitrag der Wald als Kohlenstoffsenke in Zukunft leisten kann, zeigen die Ergebnisse aus dem Projekt Care4Paris. In diesem Projekt haben Expertinnen und Experten Szenarien für die Waldbewirtschaftung bis 2150 erstellt und zeigen, wie und ob der Wald künftig als Kohlenstoffspeicher wirken kann. Im nun veröffentlichten Endbericht sind die Ergebnisse zusammengefasst.

Klimawandel: Österreichs Wälder leiden unter Hitze- & Trockenstress

Der österreichische Wald nimmt Kohlenstoffdioxid aus der Luft auf und speichert den Kohlenstoff im Holz, dieser Kohlenstoff-Vorrat nimmt derzeit und in naher Zukunft zu und hilft beim Klimaschutz. Wird die globale Erderwärmung nicht wie im Pariser Klimaschutzabkommen beschlossen auf unter 2°C begrenzt, ist dieser Beitrag gefährdet. Österreichs Wald wird noch für die nächsten 30-100 Jahre eine CO2-Senke darstellen, danach zeigen die Szenarien ein anderes Bild: Der Wald wird früher oder später zur CO2-Netto-Emissionsquelle, weil der Zuwachs langfristig zurückgehen wird. Faktoren dafür sind schlechtere Wuchsbedingungen (Zunahme von Trockenperioden), steigender Schadholzanfall (Schädlingsbefall, Wetterextreme) und die Art der Bewirtschaftung (vorzeitige Nutzung oder Überalterung).

Holz ist ein unverzichtbarer Rohstoff für die post-fossile Zukunft Österreichs. Verwendet man Holzprodukte, können Emissionen vermieden werden, da Holzprodukte einen kleineren Treibhausgas-Fußabdruck als Ersatzprodukte aus anderen Rohstoffen aufweisen. Dies ist über dem gesamten Simulationszeitraum 2020 bis 2150 ein dauerhaft positiver Effekt auf die Treibhausgas-Bilanz – auch dann, wenn der Wald zur Emissionsquelle wird und sich auch der Treibhausgas-Fußabdruck von Ersatzprodukten durch dekarbonisiertes Wirtschaften verringert. Eine nachhaltige, kreislauforientierte Bioökonomie und der Green Deal der Europäischen Kommission bieten dazu Konzepte der Zukunft.