Kategorie Klima- & Umweltschutz - 5. Mai 2021

MoVe the Alps: Bewegung in der Alpenkonvention

Bergsport ist Motorsport lautet ein geläufiger Slogan im Umkreis von Bergregionen, durchaus mit einem wahren Kern, da die Wege in die Natur leider viel zu oft nur mit dem eigenen Auto bestritten werden. Vor dem Hintergrund der Klimakrise und den im Regierungsprogramm verankerten Zielen zur Erreichung von Klimaneutralität bis 2040 benötigt auch dieser Bereich eine konsequente und naturverträgliche Mobilitätswende. Ganz besonders im hochsensiblen Ökosystem der Alpen.

 

Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel brauchen daher alpenweite und sektorübergreifende Zusammenarbeit. Die Alpenkonvention spielt beim Schutz und bei der nachhaltigen Nutzung alpiner Räume eine gewichtige Rolle. Sie skizziert auch ein klares Bild von nachhaltiger Mobilität in den Alpen: Per Zug, per Bus, per Fahrrad, zu Fuß, zudem weniger motorisierter Individualverkehr, wie das auch in einem ihrer Protokolle – jenem zum Verkehr – festgeschrieben ist. Insgesamt acht Protokolle zum Schutz und zur nachhaltigen Entwicklung des Alpenraumes wurden neben der Rahmenkonvention von den Mitgliedsstaaten verhandelt, seit 2002 sind sie auch Teil des österreichischen Rechtsbestandes.

Im Verkehrsprotokoll – und bereits in der älteren Rahmenkonvention – verpflichten sich die Vertragsparteien der Alpenkonvention dazu, im Alpenraum „eine Mobilität sicherzustellen, die für Menschen, Tiere und Pflanzen verträglich ist“. Neubauten und wesentliche Änderungen von Verkehrsinfrastrukturen sollen dabei zwischen den Ländern abgestimmt, umweltverträgliche Verkehrsmittel begünstigt, die Kosten neuer Bauten für die Verkehrsinfrastruktur von den getragen und auf den Bau neuer alpenquerender Straßen laut Artikel 11 des Verkehrsprotokolls gänzlich verzichtet werden.

Aktuell laufen einige Initiativen zum Thema Mobilität im Alpenraum. Ein Schwerpunkt liegt etwa auf den Umsetzungspfaden, die im Klimaaktionsplan 2.0 für den Verkehrssektor skizziert wurden. Der Klimaaktionsplan wurde vergangene Woche offiziell vorgestellt und dient als Leitfaden für kleine und große Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsvorhaben. Daneben gibt es schon ganz konkrete Vorhaben. Vorhang auf für drei von ihnen: MoVe the Alps, Bahn zum Berg und Yoalin:

MoVe the Alps

Der aktuelle Schweizer Vorsitz der Alpenkonvention hat, neben Klima und Raumplanung, auch das Thema Verkehr als Schwerpunkt erkoren. Am 22. April fand dazu die Tagung MoVe the Alps zum Fahrradtourismus im Alpenraum statt. Über 300 Teilnehmende aus verschiedenen europäischen Staaten fanden sich im virtuellen Konferenzsaal zusammen, um sich auf internationaler Ebene darüber auszutauschen, wie der Fahrradtourismus nachhaltig gefördert und weiterentwickelt werden kann. MoVe the Alps war die erste größere Veranstaltung der Schweizer Präsidentschaft. Klimaschutzministerin Gewessler betonte in einer Videobotschaft die Vorzüge des Fahrradfahrens und hob auch die Bedeutung der Radverkehrsförderung zur Krisenbewältigung und als Konjunkturmotor hervor. „Österreichs Radverkehrswirtschaft sichert direkt und indirekt mehr als 18.000 Arbeitsplätze, davon drei Viertel im Radtourismus“, so Gewessler.

Es folgten Vorträge des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) zum Thema EuroVelo und Transeuropäische Transportnetze (TEN-T) mit Best-Practice-Beispielen zur Fahrradförderung in der Schweiz und in Südtirol, in denen auch die Schnittstelle Fahrrad und Öffis hervorgehoben und erläutert wurde. „Ein Traumpaar“, wie auch Gewessler betonte. Denn der öffentliche Verkehr könne für die Langstrecke, das Fahrrad für die erste und letzte Meile genutzt werden. Herausragend dabei waren beispielsweise der Fahrradtransport und die logistische Abwicklung der zahlreichen Radtourist:innen entlang der Rhätischen Bahn.

Verhaltensänderungen beginnen im Kopf – und damit beginne auch das Radeln im Kopf. Diese Botschaft vermittelte Frank Hofmann, Mitglied des ADFC Bundesvorstands. Mit der MoVe the Alps-Konferenz, den Präsentationen und Diskussionen wurden vielleicht einige Denkprozesse angestoßen. Die Initiative bleibt jedenfalls nicht die letzte des Schweizer Vorsitzes. So steht bereits im Sommer 2021 ein Projekt an, welches Jugendliche an die Themen Velotourismus und Umweltschutz heranführt.

Die Videobotschaft von Bundesministerin Leonore Gewessler und die einzelnen Präsentationen der Tagung finden Sie unter https://www.are.admin.ch/are/de/home/internationale-zusammenarbeit/alpenkonvention/schwerpunkte/move-the-alps.html

Bahn zum Berg

Der Verein Bahn zum Berg fördert die nachhaltige Mobilität bei der Anreise zu Outdoor-Aktivitäten. Dazu betreibt er die Öffi-Wanderportale bahn-zum-berg.at und bahn-zum-berg.de.

Das Alleinstellungsmerkmal dieser Portale ist, dass die Besucher:innen zuerst den Wohnort auswählen und ihnen dadurch genau jene Touren angezeigt werden, die für sie mit öffentlichen Verkehrsmittel erreichbar sind.

Mit Hilfe zweier Förderungen durch die Abteilung Internationale Klima- und Umweltangelegenheiten im BMK konnte Bahn zum Berg so erweitert werden, dass die Suche nach Touren und die Ausgabe der Fahrplaninformationen grenzübergreifend in Österreich und in Bayern erfolgen und die Anzahl der Ausgangsstädte im ersten Halbjahr 2021 deutlich erhöht werden.

Aktuell schreiben etwa 30 Autor:innen auf dieser Plattform, erläutern Touren, geben Tipps für die besten Zugverbindungen, Jausenplatzerl und Aussichtspunkte. Es werden laufend mehr – denn „klimabewusste Anreise zur Erholung in der Natur liegt im Trend“, so Martin Heppner, einer der Initiatoren des Vereins.

Das Projekt könnte auch auf andere Alpenstaaten ausgedehnt werden. So stellte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler die Initiative Bahn zum Berg im Rahmen der MoVe the Alps-Konferenz vor und lud die Vertragsparteien der Alpenkonvention ein, sich an diesem groß(artig)en Projekt zu beteiligen.

Yoalin – Youth Alpine Interrail

Das Projekt Yoalin (Youth Alpine Interrail) ermutigt junge Menschen, im Sommer die Alpen zu entdecken. Heuer startet Yoalin zum vierten Mal, erneut mit Unterstützung des BMK. Bis zum 9. Mai 2021 können sich junge Erwachsene zwischen 18 und 27 Jahren für 100 Yoalin-Tickets bewerben – 122 Bewerbungen aus fast allen Alpenstaaten sind bereits eingelangt. Diejenigen von ihnen, die ausgewählt werden, erhalten Bahn-Gutscheine im Wert von 200 Euro und eine Serie an weiteren Vorteilen.

Die Pandemie verändert unser Reiseverhalten – vielleicht sogar dauerhaft. Der Aufbruch in ferne Welten ist schwieriger geworden, dafür ist ein Trend hin zu mehr Regionalität und Nachhaltigkeit spürbar. Yoalin schreibt sich dies seit 2018 auf die Fahnen und ermutigt Menschen in den Alpen zum bewussteren Erkunden ihrer unmittelbaren Umgebung – und dies mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Auch wenn alpenweites Reisen nach wie vor noch nicht uneingeschränkt möglich sein wird, wird im Rahmen von Yoalin zur nachhaltigen Mobilität in den alpinen Regionen aufgerufen – natürlich unter Beachtung der gültigen Gesundheitsvorschriften: Mit dem Fahrrad das eigene Bundesland erkunden, mit Bus und Bahn durch den Kanton pilgern, Alpenstädte mit Straßenbahnen entdecken, oder Wanderwege zu Fuß begehen – die Möglichkeiten, nachhaltig mobil zu sein, sind zahlreich. Yoalin möchte Lust darauf machen, Aha-Erlebnisse ermöglichen und dem Klima etwas Gutes tun.

Die engagierte Yoalin-Community der letzten Jahre ist weiterhin eingebunden. Sie hat hilfreiche Tipps und besondere Destinationen gesammelt, die unter https://www.yoalin.org/ zur Verfügung stehen und auf Social Media geteilt werden. Auf einer internen „Hospitality List“ haben sich manche Yoalins als Reiseführer*in oder Wanderbegleiter*in ihrer bzw. seiner Region gemeldet. Die besten Fotos und Reisegeschichten werden außerdem bei einem Wettbewerb prämiert.

Initiiert haben das Projekt CIPRA, die internationale Alpenschutzkommission, und ihr  Jugendbeirat. Sie setzen sich für klimafreundlicheres, bewussteres und erschwingliches Reisen in den Alpen ein. Yoalin wird gefördert von den Parteien der Alpenkonvention und finanziell unterstützt vom Schweizer Bundesamt für Raumentwicklung ARE, dem Deutschen Bundesamt für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, dem Liechtensteinischen Amt für Umwelt, dem Slowenischen Ministerium für Umwelt und Raumplanung – und eben dem BMK.

Die Alpenkonvention (Alpine Convention) wurde in den neunziger Jahren gegründet und ist weltweit das erste internationale Abkommen, das eine transnationale Bergregion in ihrer geographischen Einheit betrachtete. Unterzeichnet wurde die Konvention von den acht Alpenländern Österreich, Deutschland, Italien, Frankreich, Schweiz, Liechtenstein, Slowenien und Monaco sowie der Europäischen Union.

#alpineclimate2050: Gemeinsam gegen den Klimawandel in den Alpen