Kategorie Klima- & Umweltschutz - 15. Dezember 2023

Projekt zeigt, wie Klimaneutralität noch machbar ist

Klimaneutralität bis 2040 ist machbar und durchaus realistisch. Allerdings braucht es dafür tiefgreifende, rasche Veränderungen im Energiesystem und damit eine breite Unterstützung in Politik, Bevölkerung und Industrie. Zu diesem Ergebnis kommt ein österreichisches Forschungsprojekt.

Die beteiligten Forscherinnen und Forscher von der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien, der Österreichische Energieagentur (AEA) und dem Internationale Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) haben im Projekt NetZero2040 vier kosteneffiziente Szenarien entwickelt, mit denen die Erreichung der nationalen Klimaziele möglich ist. Gefördert wird das Projekt vom Klima- und Energiefonds durch das Austrian Climate Research Program.

Bis 2040 will Österreich ja klimaneutral sein, also keine klimaschädlichen Treibhausgase mehr ausstoßen. Dafür braucht es in allen Szenarien neben dem raschen Ausbau der erneuerbaren Energien die Elektrifizierung von Mobilität und Wärmeversorgung sowie umfangreiche Effizienzmaßnahmen.

Beim Ausbau der Erneuerbaren braucht es den Forschern zufolge insbesondere einen beschleunigten Ausbau der Windkraft bis 2030. Dieser müsse um 60 Prozent schneller passieren als im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) vorgesehen. „Der Windausbau ist kosteneffizienter als Photovoltaik“, sagte Martin Baumann von der Energieagentur bei der Präsentation der Projektergebnisse. „Wind hat geringeren Speicherbedarf und ist gleichmäßiger über das Jahr verteilt verfügbar im Vergleich zur Sonnenenergie.“

Veränderungen bei Energie und Verhalten

Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien sei es auch erforderlich, den Austausch fossil betriebener Fahrzeuge und Heizungen so rasch wie möglich voranzutreiben. Sprich: Elektroauto statt Verbrennermotor, Wärmepumpe statt Gastherme. Das würde den fossilen Energieverbrauch drastisch senken, so die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen. Ein weiteres Mittel sei die Gebäudesanierung. Aber auch Verhaltensänderungen seien wichtig. Weniger Auto fahren, kleinere Wohnflächen und ein Rückgang der industriellen Produktion könnten den Energieverbrauch um bis zu 20 Prozent senken und damit weniger Energieimporte aus dem Ausland notwendig machen.

Ein Knackpunkt ist auch der Rückbau fossiler Infrastruktur. Politische Entscheidungen, die heute getroffen werden, würden noch lange nachhallen, so die Forscher. Jeder weitere Ausbau, etwa von Gasheizungen und Gasleitungen, führe dazu, dass diese bis 2040 letztlich erneut ausgetauscht oder mit kostspieligen synthetischen Treibstoffen und Gasen betrieben werden müssen.

Synthetische Alternativen nur im Notfall

Im Erneuerbaren-Wärme-Gesetz sei etwa nur für Neubauten ein Verbot von Gasheizungen vorgesehen, der Einbau in bestehenden Gebäuden sei aber weiter möglich. Damit werde ab 2040 der Einsatz von synthetischen Gasen in Haushalten notwendig, deren Produktion energieaufwendig und teuer sei. Das sei auch nicht sozialverträglich, weil am Ende die Gaskunden die Infrastruktur aufrechterhalten und die Kosten dafür tragen müssten. Prinzipiell sollten synthetische Treibstoffe und Gase wie E-Fuels und Wasserstoff nur dort zur Anwendung kommen, wo es noch keine Alternativen gibt – also in der Luft- und Schifffahrt sowie in der Industrie, so die Forscher und Forscherinnen.

„In Summe zeigt unsere Studie ermutigende Ergebnisse“, fasste Hermine Mitter von der BOKU zusammen. „Die Erreichung des Klimaneutralitätsziels ist durchaus realistisch.“ Die Szenarien verdeutlichten aber auch, dass es einer breiten Unterstützung seitens der Politik und der Bevölkerung bedarf, um Klimaneutralität generell und insbesondere bis 2040 zu erreichen. Dafür seien drei Aspekte zentral: die gesellschaftliche Akzeptanz für den Ausbau der Energieinfrastruktur, die klimafreundliche Ausrichtung der Lebensstile und die sofortige Umsetzung ambitionierter politischer Klimaschutzmaßnahmen.

Die vier Szenarien unterscheiden sich anhand der Parameter Energienachfrage und Importe von Energieträgern. Je nach Szenario wird von einer jeweils hohen oder niedrigen Energienachfrage oder Energieimportmenge ausgegangen. Die Szenarien wurden gemeinsam mit Stakeholdern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft entwickelt.

orf/red

#COP28 – Abschlusserklärung ruft zur Abkehr von fossilen Energien auf