Kategorie Energie - 5. Juli 2022

Gasnotfallplan: Österreich bleibt vorerst in der Frühwarnstufe

Angesichts der aktuell weiterhin gewährleisteten Gasversorgung und des Fortschritts beim Befüllen der Speicher wird Österreich vorerst die Frühwarnstufe im Gasnotfallplan beibehalten. Wesentliche Kriterien für die Beurteilung sind die laufende Versorgung mit Gas und der Aufbau der Speicherstände.

Österreich hat sich zum Ziel gesetzt, mit einem Speicherstand von mindestens 80 Prozent in die kommende Heizsaison zu gehen. Sollte dieses Ziel gefährdet sein, wird die Alarmstufe des Gasnotfallplans ausgerufen.

In der vergangenen Woche kam es an zwei Tagen – am 28. Juni und am 1. Juli – zu einer deutlich geringerer Einspeicherung in die heimischen Gasspeicher. Neben den verringerten Gasliefermengen aus Russland kam als weiterer Grund für das verlangsamte Einspeichern hierzulande ein erhöhter Gasbedarf in Italien hinzu. Aufgrund der dort herrschenden massiven Trockenheit stand vorübergehend kaum Wasserkraft zur Stromerzeugung zur Verfügung.

 

An den anderen Tagen wurden die heimischen Speicher weiterhin spürbar befüllt. Derzeit liegt der Speicherstand bei rund 46 Prozent, das entspricht 43,93 Terawattstunden. Österreich hat im europäischen Vergleich besonders gut ausgebaute Speicher, sie können mit einer maximalen Füllmenge von 95,5 Terawattstunden einen durchschnittlichen heimischen Jahresbedarf (rund 90 Terawattstunden) abdecken.

Österreich befindet sich seit 30. März in der Frühwarnstufe des Gasnotfallplans. Das Klimaschutzministerium (BMK), die zuständige Behörde E-Control und der heimische Gasinfrastruktur-Betreiber AGGM sind seither in täglichem Austausch mit allen Marktakteuren sowie internationalen Partner:innen, um tagesaktuell Liefermengen, am Markt verfügbare Gasmengen und die Preisentwicklung zu überwachen.

Mit der jährlichen Wartung der Ostsee-Pipeline Nord Stream 1, steht ab dem 11. Juli ein weiteres, potentiell kritisches Ereignis für die Versorgung und den Speicheraufbau bevor. Die Wartung der Pipeline nimmt normalerweise knapp zwei Wochen in Anspruch. Es gibt jedoch Sorge, dass Russland die regelmäßige Wartung von Nord Stream 1 auch politisch nutzen könnte, um die Gasflüsse nicht im vollen Umfang wieder aufzunehmen.

So voll sind Österreichs Gasspeicher

Derzeit ist laut Auskunft von OMV und der zuständigen Behörde E-Control die Versorgung jedenfalls sichergestellt. Die OMV hat darüber hinaus angekündigt, zusätzliche Liefermengen am Spot-Markt zu beschaffen, sollte das notwendig werden. Die Lage wird vom Krisenstab im Klimaschutzministerium (BMK) laufend überwacht und neu bewertet.

E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch sah bereits im Vorfeld der Beratungsgespräche keinen Anlass für die Ausrufung der Alarmstufe, der zweiten von drei Stufen des Gas-Notfallplans. „Ich denke, dass im Augenblick auf Basis der vorliegenden Informationen und des Lagebildes, das wir vor uns haben, nämlich dass über 300 Gigawatt Stunden täglich in die Speicher hineinkommen, aus meiner Sicht jetzt einmal, für heute keine Veranlassung besteht, eine solche Alarmstufe auszurufen“, so Urbantschitsch.

In Anbetracht des kaum befüllten Speichers in Haidach bei Salzburg ist direkt nach Inkrafttreten des Use-it-or-Lose-it-Prinzips ein Verfahren eingeleitet worden. Gewessler und Urbantschitsch betonten, dass auch hier sehr zeitnah mit einer Entscheidung zu rechnen sei. Gewessler bekräftigte zudem, dass Haidach noch dieses Jahr an das österreichische Gasnetz angeschlossen werde. Der Großteil des Speichers in Haidach gehört der Gazprom-Tochter GSA. Insgesamt lagert in Haidach nur wenig Gas. Urbantschitsch sprach nach dem Regierungsgipfel von Terawattstunden im niedrigen, einstelligen Bereich.

Umrüstung auf alternative Energieträger angeordnet

Als zusätzliches Vorsorge bereitet die Bundesregierung eine erste Energielenkungsmaßnahme vor. Großverbrauchern wie Industrieanlagen, Kraftwerke und Fernheizwerke wird angeordnet, ihre Anlagen für den Betrieb mit alternativen Energieträgern, vor allem Erdöl, zu ertüchtigen, sofern das technisch und wirtschaftlich vor dem kommenden Winter machbar ist. Im Fall stark reduzierter Gaslieferungen können Anlagen weiterhin in Betrieb bleiben und die vorhandenen Gasreserven halten länger vor.

Eine entsprechende Verordnung auf Basis des Energielenkungsgesetzes wird ausgearbeitet, in Begutachtung gehen und dem Energielenkungsbeirat vorgelegt. Danach wird sie dem Hauptausschuss des Nationalrates zum Beschluss vorgelegt. Da es sich um eine Energielenkungsmaßnahme handelt, werden die Kosten für die Ertüchtigung den betroffenen Unternehmen ersetzt. 

Auf kommende Heizsaison vorbereiten

Darüber hinaus ruft die Bundesregierung die Bevölkerung auf, sich auf die kommende Heizsaison vorzubereiten und beim Einsparen von Strom und Gas mitzuhelfen. Haushalte, die die Möglichkeit haben, auf andere Heizungssysteme umzusteigen, sollen das tun.

Alle Haushalte, aber vor allem jene, die weiterhin mit Gas heizen müssen, können durch verhältnismäßig einfache Maßnahmen spürbare Einsparungen erzielen:

  • Therme vom Installateur warten und effizient einstellen lassen
  • Heizkörper entlüften und von Möbeln frei räumen
  • Hydraulischer Abgleich der Heizungsanlage im mehrgeschossigen Wohnbau
  • Türen und Fenster abdichten

Zur Vorbereitung auf die Heizsaison wird die Bundesregierung die Bevölkerung mit im Rahmen einer Kampagne über Möglichkeiten zum Energiesparen informieren.

In Österreich wird in den Sommermonaten nur wenig Strom mit Gaskraftwerken erzeugt. Der überwiegende Anteil des Stroms entsteht aus Erneuerbaren. Zudem verbrauchen Haushalte viel weniger Gas als im Winter. Im Herbst steigt der Gasverbrauch spürbar an. Es wird wieder geheizt und weil weniger Strom aus Sonne und Wasserkraft gewonnen wird, kommen auch die Gaskraftwerke stärker zum Einsatz.