Kategorie Klima- & Umweltschutz - 18. Mai 2022

»Intakte Natur ist unsere Lebensgrundlage« – Woche der Artenvielfalt startet

Erst Pandemie, nun auch noch Krieg quasi vor der Haustür: Nach wie vor haben wir ständig mit äußerst heiklen globalen Herausforderungen zu kämpfen. Was unseren Planeten angeht, stechen dabei aber vor allem die Klimakrise einerseits und zum anderen der dramatische Verlust der Artenvielfalt hervor. Die Bewältigung dieser beiden Krisen bedarf vieler Schritte: Zur Eindämmung der Klimakrise gehört der konsequente Weg einer Energie- und Verkehrswende, wie etwa der zügige Ausbau erneuerbarer Energien und eine echte Attraktivierung der Öffis im ganzen Land. Auf der anderen Seite muss bei allen Investitionen in die Zukunft auch alles daran gesetzt werden, den dramatischen Artenverlust zu stoppen und auch diese ökologische Katastrophe zurück ins Gedächtnis zu rufen.

Die Biene: Mit ihrer alltäglichen Arbeit – der Bestäubung – bilden sie die Lebensgrundlage für unzählige andere Lebewesen, auch für uns Menschen. © apa

Das Ausmaß dieser ist in der Tat erschreckend: Weltweit droht eine Million der acht Millionen Tier- und Pflanzenarten zu verschwinden, wie ein Bericht des Weltbiodiversitätsrats IPBES aus dem vergangenen Jahr prognostiziert. Österreich, als eines der artenreichsten Länder Mitteleuropas, ist davon besonders betroffen.

Biodiversität unter Druck

Fast 3.000 Pflanzenarten und 54.000 Tierarten, davon allein 40.000 Insekten, bevölkern das Land. Doch diese Biodiversität schwindet dramatisch: Allein in Österreich sind in den vergangenen 20 Jahren 42 Prozent der Brutvögel in der heimischen Kulturlandschaft verloren gegangen. Jede dritte Art stehe auf der Roten Liste, wie BirdLife Austria Ende vergangenes Jahr konstatierte. In der Europäischen Union sind laut einer internationalen Studie in fast 40 Jahren rund 600 Millionen Brutvögel verschwunden. „Es handelt sich dabei aber kaum um imposante Großvögel, sondern um die vielen unscheinbaren Finken, Sperlinge und Lerchen, die unsere Wiesen und Felder lebendig machen“, sagt Leif Miller, Geschäftsführer des Naturschutzbundes (NABU) in Deutschland.

Auch bei Insekten ist diese dramatische Entwicklung evident. In den vergangenen Jahrzehnten haben sowohl die Artenvielfalt der Insekten als auch deren Anzahl generell stark abgenommen. Die Erhebungen zahlreicher Umweltbehörden belegen diese negative Entwicklung, auch auf den Roten Listen der gefährdeten Tierarten kommen Insekten immer häufiger vor.

Die Blauracke ist in Österreich so gut wie ausgestorben. © apa/Michael Tiefenbach

Das Gleichgewicht der Biodiversität ist dabei synonym nicht nur eng mit der Klimakrise verknüpft, sondern steht auch in enger Beziehung zu unserer Gesundheit. Der Erhalt des Artenreichtums, also der Vielfalt aller Arten, Gene und Ökosysteme, sind eine wesentliche Grundlage für unser Wohl, sorgt für saubere Luft, sauberes Trinkwasser, Nahrung und Arzneimittel, bietet Schutz vor Naturgefahren und Erholungs- und Erfahrungsraum. Der voranschreitende Verlust biologischer Vielfalt birgt im Umkehrschluss also auch enorme Risiken für die menschliche Gesundheit.

Wie also weiter mit einem Thema, das längst die Nische verlassen hat und ganz unmittelbar dem Schutz unserer Lebensgrundlagen dient? Welche Initiativen für mehr Artenvielfalt gibt es und wie kann man dieses wichtige Thema noch mehr ins Bewusstsein der Bevölkerung rücken?

Artenvielfalt vor der Haustür entdecken

Ein Instrument des Klimaschutzministerium (BMK) ist der im vergangenen Jahr eingerichtete Biodiversitätsfonds zum Schutz der heimischen Arten und Lebensräume. Die Umsetzung der ersten 14 von einer Jury erstgereihten Projekte im Förderausmaß von fünf Millionen Euro haben heuer bereits begonnen. Bis 2026 ist der Fonds mit 80 Millionen Euro dotiert.

Unterstützt wird etwa ein Projekt des Umweltbundesamtes zur Einrichtung eines bundesweiten Systems für die Erfassung der Biodiversität in Österreich. Umweltbundesamt und BOKU sind die Träger eines Monitorings, das Tagfaltern, Heuschrecken, Gefäßpflanzen und Biotoptypen an 200 Testflächen wie Äckern, Grünflächen und Almen nachspürt. Das Ziel ist ein Überblick über die Situation in der offenen Kulturlandschaft. Unter Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern werde am Aufbau eines Insekten-Monitorings mit Schwerpunkt Schmetterlingspopulationen gearbeitet, Projektträger ist die Uni Innsbruck.

Hochspezialisiert und durch Eingriffe in ihre Lebensräume äußerst verwundbar. Inzwischen sind nahezu alle Arten der Bläulinge Mitteleuropas als gefährdet einzustufen. © SWR

Speziell für Wildbienen interessieren sich als Projektträger BOKU, Uni Salzburg, Wildbienenrat und Naturschutzbund Österreich, für die Vielfalt von Obstsorten die Arche Noah. Ein schon laufendes Monitoring für Seeadler des WWF wird fortgeführt. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Wiederherstellung geschädigter Moore, damit beschäftigen sich Experten der Uni Wien und des Umweltbundesamts. Moore speichern CO2 und verhindern somit die Abgabe dieses Klimawandel-Treibers in die Atmosphäre.

Zudem zeichnet der Fonds auch engagierte Projekte zum Natur- und Artenschutz auf lokaler Ebene mit dem Grand Prix der Biodiversität aus, dem größten nationalen Biodiversitätswettbewerb. 240 Projekte standen für die Jury in ganz Österreich allein im vergangenen Jahr zur Auswahl, von Trockensteinmauern für Eidechsen über die Revitalisierung von Mooren bis hin zu Projekten für Schwalben, Igel und Fledermäuse – eine Vielfalt, die zeigt, wie zahlreich die Möglichkeiten sind, sich für die heimische Biodiversität einzusetzen.

Happy Bee-Day: Der Weltbienentag wird in Österreich zum Wildbienentag

Gemeinsam mit dem Naturschutzbund hat das Klimaschutzministerium (BMK) bereits 2009 die Kampagne vielfaltleben initiiert, eine bisher einmalige Initiative zum Schutz der Biologischen Vielfalt in Österreich. Der Naturschutzbund nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein, weitere Partner sind unter anderem der WWF und Birdlife. Ziel der Initiative ist es, dem Verlust der Artenvielfalt in Österreich entgegenzuwirken und die Bevölkerung für dieses Thema zu sensibilisieren.

Um ein Bewusstsein für die Nöte der Natur zu fördern, hat das BMK unter Federführung des Österreichichischen Naturschutzbundes und gemeinsam mit vielen Partnern zudem die Woche der Artenvielfalt ins Leben gerufen. So werden jedes Jahr um den Internationalen Tag der Artenvielfalt am 22. Mai über ein – wortwörtlich – vielfältiges Veranstaltungsprogramm die Bedeutung einer intakten Natur – auch besonders in Krisenzeiten – für alle Menschen hervorgehoben.

Zwischen 19.-29. Mai 2022 finden im Rahmen der Woche der Artenvielfalt Veranstaltungen in ganz Österreich rund um die Natur statt. Ob Wanderungen, Exkursionen, Vorträge oder Workshops für Groß und Klein ist etwas dabei. Hier geht’s zum Veranstaltungskalender! Lassen auch Sie sich in die spannende Welt der Artenvielfalt entführen und entdecken Sie unsere schöne Natur!

Nach der pandemiebedingten Reduzierung der Veranstaltungen, findet nun wieder in ganz Österreich die ganze Palette an Veranstaltungen zum Thema statt. Gemeinsame Naturerlebnisse, Wanderungen und Exkursionen mit Expert:innen stehen nun endlich wieder in allen Ländern am Programm.

Aus dem Bidodiversitätsfond des BMK gefördert wird auch die Initiative WIR TUN WAS. Dort erfährt man aus erster Hand, was man selbst für den Erhalt der biologischen Vielfalt tun kann. Im Format eines viermal jährlich erscheinenden Magazins wird über kleine und große Erfolge von Menschen berichtet, die in ihrem Umfeld etwas für die Biodiversität tun, wobei die Bandbreite von relativ kleinen Maßnahmen wie Ausstiegshilfen für Amphibien bis hin zu umfassenden biodiversitätsfördernden Betriebskonzepten reicht.

SERVICE: Das vollständige Veranstaltungsprogramm und Detailinfos gibt es tagesaktuell hier.

Biodiversitätsfonds startet mit 14 Projekten zum Artenschutz